Axis & Allies in High-Speed: Axis & Allies 1941

Axis & Allies 1941

In mehr oder weniger regelmässigen Abständen werfen ungenannte amerikanische Spielzeughersteller eine neue Variante von Axis & Allies auf den Markt. Und so ist es nun wieder so weit und die Spielegemeinschaft darf sich gleich über zwei neue Axis & Allies Varianten freuen.

  • Axis & Allies 1941
  • Axis & Allies 1942, 2nd Edition

Ich widme mich hier erst einmal der 1941er Variante. Das klassische Axis & Allies hat seit 1984 (ich zähle mal die Nova Edition nicht dazu – die war noch etwas … anders) kontinuierlich weitere Entwicklungsstufen erfahren und man kann durchaus sagen, das jedes „neue“ A&A besser ist als das „alte“. 1999 gab es den ersten offiziellen „Ableger“ mit Axis & Allies Europe. Während Axis & Allies 1942, 2nd Edition die klassische Linie von 1984 weiter führt, ist die Version 1941 eine dieser inzwischen zahlreichen „Ableger“. Bisher haben sich die Varianten immer auf einen speziellen Schauplatz konzentriert: Europa, Pazifik, Ardennen, Guadalkanal, etc. Diese Variante kommt scheinbar als ganz normales, grosses Axis & Allies daher. Auf einer Weltkarte wird gespielt, alle 5 klassischen Nationen sind im Spiel beteiligt und auch der Spielablauf ist zu 99% dem klassischem Axis & Allies entnommen. Doch irgendwas muss ja anders sein. Ist es auch. Einerseits ist überhaupt nix geändert worden. Andererseits aber auch alles.

Um zu erklären wieso sich doch alles geändert hat, rekapituliere ich kurz mal einen Spielzug:

  1. auf Shoppingtour mit Joseph – es wird eingekauft. Brauchen sie Infanterie, Panzer, Jagdgeschwader oder Schlachtschiffe? – Es wird frei Haus geliefert, allerdings beträgt die Lieferzeit 4 Wochen. Bitte beachten sie die Anlieferkapazitäten der Zieladressen.
  2. in den Ring mit Winston – jetzt gibt es eins auf die Murmel. Oder wie meinten schon die Ärzte: „Immer mitten in die Fresse rein …“
  3. an die Front mit Franklin – da nicht alle Einheiten in den Genuss von Phase 2) kommen können, haben sie hier die ultimative Gelegenheit sich so hinzustellen das sie wenigstens in der nächsten Runde dabei sein dürfen.
  4. Steuern eintreiben mit 裕仁 – man zieht von Provinz zu Provinz und sammelt den für diese festgelegten Betrag ein. Da klingelt die Staatskasse, der Tenno freut sich.
  5. ein Paket für Adolf – die in Phase 1) bestellten Kleinigkeiten werden ausgeliefert.

Es gibt also eine Währung. Diese Währung hat einen gewissen wert. Gebiete haben einen Wert zwischen 1 und 10, Einheiten kosten zwischen 3 und 16. Nehmen wir die gute alte Infanterie – das Rückgrad jeder Armee – als Referenz für folgende Betrachtung. Die Einnahmen bestimmen was man in der folgerunde an Einheiten kaufen kann. Die Summe aller Einnahmen ist z.B. im Original Axis & Allies zu Spielbeginn 147 „Industrie-Produktions-Zertifikate“ (=IPCs) . Das ist das Geld, was umgerechnet dann Runde pro Runde als neue Einheiten auf das Spielfeld kommt; das wären 50 Infanterie-Einheiten (ich bin ja grosszügig). In späteren Ausgaben ist es noch etwas mehr, ca. 20 IPCs zusätzlich, während sich die Einheitenkosten an sich nicht geändert haben (die Relation zwischen den Einheiten wurde etwas verändert, Infanterie ist aber nach wie vor bei 3). Nun schauen wir uns mal das Einkommen in der Version 1941 an: 55 – Ich habe mich nicht verrechnet; das ist das Einkommen aller Nationen zusammengerechnet. Ehrlich. Sind also grosszügig umgerechnet 20 Einheiten der Gattung Infanterie pro Runde (da sich die Einheitenkosten nun mal nicht geändert haben). Das ist ein gutes Drittel von dem, was „klassisch“ auf den Plan kommt. Dazu kommt, das sogenannte „Battlegrounds“ bei jedem Wechsel für den aktuellen Besitzer Geld produzieren, also u.U. mehrmals pro Runde gewertet werden. Ein Gebiet mit dem Wert 3 zu erobern, was nur mit einer Infanterie verteidigt ist, war ein no-brainer. Selbst wenn man eine Einheit beim Kampf verliert, man hat die 3 verlorenen IPCs ja quasi direkt wieder „drin“ – und solche 3er Gebiete gibt es reichlich. Also nicht in der 1941er Version, denn hier haben die guten Gebiete einen Wert von 1, die richtig guten sogar 2. Mehr im Grunde nur Hauptstädte, alles andere hat keinen Wert. Und das ist vergleichsweise viel. Ganz Afrika bringt immerhin 2 IPCs – „Ganz Afrika?“ – Ja, ganz Afrika! – Zum Vergleich: In der aktuellen 1942er bringt ganz Afrika 13 IPCs, also gut 6 mal mehr. Kaum der Rede wert, würde ich meinen, oder?

Und genau das ist der Punkt weswegen sich im Grunde das ganze Spiel ändert. Gebiete produzieren Einkommen, mit dem Einkommen kauft man Einheiten, mit den Einheiten erobert man Gebiete. In diese „Schleife“ wurde massiv eingegriffen. Bisher hatte sie eine „positive Rückkopplung“, d.h. der Aufwand neue Gebiete zu erobern hat wurde schnell vom nutzen übertroffen; man hat in einem Zug weniger Einheiten verloren als man gebaut hat. Das ist nun ziemlich schwierig geworden. Was noch dazu kommt, ist das Aufbaulimit der Fabriken. Das ist ja seit 2004 (A&A Revised) auch für Heimatfabriken an den IPC-Wert des Gebietes gekoppelt; und diese sind ja, wie wir bemerkt haben, extrem klein geworden. So kann das Deutsche Reich z.B. max. 4 Einheiten in Deutschland produzieren. Wer jetzt denkt „Ja, da gibt es doch…  Man kann doch …“ – nein kann man nicht! Fabriken kann man nicht mehr bauen. Der einzige Weg seine Produktions-kapazitäten zu erhöhen, ist es eine Fabrik zu erobern. Wofür hat man denn das ganze Zeug auf dem Plan?

Viel Platz in der Schachtel

Kleine Änderung, grosse Wirkung!  Insgesamt ist Axis & Allies 1941 erstaunlich und funktioniert tadellos. Es ist wie eine extreme „Schlankheitskur“. Weniger Geld bedeutet weniger Truppen kaufen (was schneller geht, weil weniger Geld). Weniger Truppen bedeutet schnellere Kämpfe (weil weniger Truppen = weniger Würfel). Weniger Truppen sind dazu übersichtlicher, wodurch man weniger Optionen abzuwägen hat, was dann wieder zu einem schnelleren Spiel führt. Und man mag es kaum glauben, eine Partie Axis & Allies 1941 ist tatsächlich an einem Abend spielbar – komplett von Anfang bis Ende. Das  ging bisher nur, mit unsäglichem Würfelpech (oder Glück, wie man es nimmt). Man sollte aber nicht meinen das es nun zu „simpel“ geworden ist. Es ist einfacher, übersichtlicher und deswegen schneller, das ist richtig. Aber nicht weil die Regeln einfacher sind (ein paar Detailregeln sind in der Tat weggelassen worden; Fabriken, strategische Bombenangriffe, Artillerie, Kreuzer und Küstenbombardement), sondern einfach nur weil, die Spieler mit einer kleineren Anzahl an Einheiten umgehen müssen und dadurch die Downtime wirklich entscheidend reduziert wird. Alle klassischen Axis & Allies Motive, Probleme und Entscheidungen sind erhalten geblieben.

„Das ist alles ganz toll, aber es muss doch einen Haken geben. Das kann doch nicht sein, das alles besser ist und nix schlechter.“ – korrekt, es gibt auch Nachteile. Manche Dinge sind sicherlich Geschmacksache, manche aber auch nicht.

Die kurze Spieldauer erkauft man sich natürlich aufgrund einer geringeren Komplexität. Es ist wie gesagt lange nicht trivial, aber wer es komplexer mag wird das sicher kritischer sehen und das vollkommen zurecht. Dadurch das weniger gewürfelt wird, steigt natürlich die Relevanz eines einzelnen Würfelwurfs. d.h. der Einfluss des Zufalls steigt. Notorische Würfel-Hasser sind sowieso kaum Zielgruppe von Axis & Allies Spielen, aber es ist sicher ein Punkt der kritisch zu sehen ist. Man muss halt wissen auf was man sich einlässt. Das nicht alles vorhersagbar ist, macht mit den Reiz von Axis & Allies aus. Angesichts der, für ein A&A sehr kurzen Spieldauer, habe ich damit kein Problem. Sehe es sogar eher positiv, denn garantiert es doch Abwechslung in den Partien. Wer auf weniger Zufall und weniger Abwechslung steht, kann zu einer LowLuck-Variante greifen. Das funktioniert hervorragend.

Grauenhafte Counter

Dann ist da das Material. Das ist zwar an sich gut, die Karte ist recht klein, aber mit den wenigen Einheiten ist das vollkommen ausreichend. Die Miniaturen sind in gewohnter, extrem guter, Qualität. Die Quantität lässt aber ein wenig zu wünschen übrigen. Sie sind zwar ausreichend, aber man ist schon beim Startaufbau teilweise am Limit. Je nach Spielweise muss man sich dann durch „Leihgaben“ aushelfen (z.B. wird Russland wohl niemals ein U-Boot bauen). Noch viel weniger erfreulich ist das Fehlen der „Stapel-Chips“ (nein, nicht die „Ungarisch“), welche durch Papp-Counter ersetzt wurden. Abgesehen davon das es ein Unding ist, zu Axis & Allies gehören stapelbare Plastik-Chips wie der BigMac zu McDonalds, sind die Papp-Counter ein schlechter Scherz. Zum einen sind es viel zu wenige; die reichen nicht für den Startaufbau aus – das ist echt traurig und auch die Wahrheit. Dazu sind die Counter viel zu dünn und zu klein. Eine grauenhafte Fummelei. Da muss man dann Chips aus einem anderen Axis & Allies nehmen, ein Targui plündern oder ein Cafe International ausschlachten oder die Pfennig-Sammlung tut es auch. Alles ist besser als die Counter die beiliegen.

Für 25 Euro bekommt man eine sehr gelungene Axis & Allies Variante, welche speziell für Axis & Allies Einsteiger sehr zu empfehlen ist. Auch Axis & Allies Profis werden die kurze Spieldauer zu würdigen wissen. Die Material-Schwächen sind für mich an der Toleranzgrenze, vor allem wenn man sich mal das Axis & Allies 1942 anschaut (1st Edition), welches für den selben Preis verkauft wird bzw. wurde (wie lange man das noch für welchen Preis bekommt, weiss ich nicht. Aktuell sind es noch 25 Euro z.B. bei Amazon).

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Über Attila

Ich Spiele alles. Von Kinderspielen über Euro-Games, jeder Komplexität, bis hin zu CoSim's. Potentiell gibt es kein Genre, was ich nicht spiele - das Spiel muss halt für mich in der entsprechenden Gruppe einen Reiz haben. Ich mag's gerne, wenn es was länger dauert und auch etwas komplizierter ist. Wenn nicht, auch gut.
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