Mehrheitenspiele wieder auf dem Vormarsch?

So kurz vor der Messe sind ein paar Kickstarter-Spiele angekommen und ich bin doch tatsächlich dazu gekommen diese zu spielen.

Canterbury hatte mich zuerst nicht so interessiert, denn es ist ja ein rel. herkömmliches Eurogame, und davon werden wir ja Jahr um Jahr mit so viel bombardiert, das ehrlich gesagt mein Anspruch inzwischen so hoch ist, das selbst die „guten“ mich langweilen. Nun, Canterbury hat aber so eine „geile“ Grafik, das ich es dann „gekickt“ habe. Angekommen ist es letzte Woche und am Wochenende habe ich es dann auch gespielt. Das Material ist über jeden Zweifel erhaben und bietet gehobene Eurogame-Qualität. Das Spiel ist ein Mehrheitenspiel wo mehrere Mehrheitenmechanismen ineinander verschachtelt sind, das funktioniert sehr gut und ist auch recht übersichtlich auf dem Spielplan zu erfassen („gelayerte“ Mehrheiten sind ja nicht einfach übersichtlich darzustellen).  Gemeinsam baut man an der Stadt Canterbury und bekommt dafür Siegpunkte für dieses und jenes gepaart mit einer notorischen Geldknappheit. Das hört sich etwas seelenlos an und das ist es auch – aber jetzt nicht weniger als so gut wie alle EuroGames. Funktionieren tut es tadellos und ich war überrascht wie gut das Spiel mir gefällt. Freunde von zufallsfreien Spielen, werden hier voll auf ihre kosten kommen – speziell Liebhaber von Mehrheitenspielen könnten Begeisterung empfinden. 🙂

Nach Canterbury habe habe ich dann auch Colonialism von Spielworxx gespielt und auch hier geht es um Mehrheiten, diesmal mit einer „Euphrat-und-Tigris-Endwertung“, aber alles was bis zur Endwertung passiert ist das ständige „Ringen um Mehrheiten“. Anders als Canterbury ist Colonialism kein pures Eurogame. Hier wird gewürfelt und es werden Karten gezogen. Das ganze ist zwar weit, weit weg von einem Glücksspiel, aber auch wenn z.B. die Würfelergebnisse alle Spieler gleichermassen treffen, so gibt es sicher genug Leute die sich alleine an der Tatsache, dass in dem Spiel gewürfelt wird, stören. Nun, mich stört das nicht – ganz im Gegenteil. Colonialism ist wirklich ein einfach Spiel, aber es ist auch ganz, ganz hartes Brot. Der Weg um an Siegpunkte zu kommen ist nicht nur steinig, sondern wird ständig mit neuen Steinen gefüllt. Viele Spiele haben eine „positive Feedbackschleife“, d.h. mit dem was man in den Vorrunden aufgebaut hat, wird es immer einfacher weiteren Fortschritt zu erzielen. Das ist bei Colonialism nicht der Fall – da wird nix einfacher. Aber immerhin wird es auch nicht schwieriger. Und das hat nix mit den Mitspielern zu tun. Eigentlich ist Colonialism ein richtig gutes Spiel. Es hat eine „Seele“ und das Thema ist auch ziemlich gut umgesetzt, aber es hat einen „Fehler“: Es ist ein Mehrheitenspiel. Das ist nicht gut oder schlecht. Aber diese Art gehört nicht zu meinen bevorzugten Spielart – zumindest nicht wenn sie so „rein“ ist. Colonisalism hat mir aber trotzdem sehr gut gefallen. „Hartes Brot“ schmeckt mit halt meistens gut.

Immer mal wieder gab es am Wochenende ein Spiel, was mich begeistert hat. Kein Mehrheitenspiel, kein Eurogame, nichtmal ein Spiel wo es  einen individuellen Sieger gibt. Pathfinder (das Adventure Card Game, nicht das Rollenspiel). Es ist ein Deckbau-Abenteuer-Kooperations-Dungeon-Crawler-Kartenspiel. Ja, es ist ein reines Kartenspiel, aber es fühlt sich an wie ein „richtiges“ Abenteuerspiel wie z.B. Castle Ravenloft. Der Witz an dem ganzen Spiel ist, das es darauf ausgelegt ist das sich das Kartendeck mit welchem man spielt, nicht (nur) während einer Partie „umgebaut“ wird, sondern dieser Deckbau funktioniert „spielübergreifend“. Findet man tolle Dinge in einer Partie, so behält man diese (wenn man möchte) in seinem Deck und ist dann für das nächste Abenteuer besser gerüstet. Dazu gibt es natürlich auch die „klassische“ Charakterentwicklung, das man bestimmte Eigenschaften im laufe der Abenteuer verbessert. Pathfinder hat einige Elemente eines klassischen „Pen & Paper“-Rollenspiels mit einem Kartenspiel zu einer neuen Art von Spiel verknüpft. Das Spiel ist dazu auch darauf ausgelegt das man es „permanent“ ändert und auch permanent neue Abenteuer erscheinen (die man braucht um „weiter“ zu kommen). Das wird sicher bei den eingefleischten Spielern auf reichlich Skepsis treffen – letztendlich ist aber auch das den Rollenspielen entliehen, denn auch hier gibt es Abenteuerbücher und wenn man die „durch“ hat, holt man sich das nächste (oder spielt bekannte Abenteuer noch mal, was man aber eher nicht macht).

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Über Attila

Ich Spiele alles. Von Kinderspielen über Euro-Games, jeder Komplexität, bis hin zu CoSim's. Potentiell gibt es kein Genre, was ich nicht spiele - das Spiel muss halt für mich in der entsprechenden Gruppe einen Reiz haben. Ich mag's gerne, wenn es was länger dauert und auch etwas komplizierter ist. Wenn nicht, auch gut.
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