Attis wunderbare Welt der CoSims – Elisabeth I.

Ursprünglich sollte der nächste Artikel über die grossartige Welt der CoSims ein kleines CoSim vorstellen, welches ich für den ambitionierten EuroGamer als guten Einstieg in dieses Genre ansehe. Und dann kam Elisabeth I. Einfach so. Ganz ohne Vorwarnung.

Und nun stelle ich ein Spiel vor, welches fast genau das Gegenteil ist von dem was ich  Vorstellen wollte: Ein CoSim mit überschauberer Spielzeit, überschaubaren Regeln und welches spielmechanisch keine allzugrosse Distanz zu klassischen EuroGames aufweist. Elisabeth I. ist nichts von davon, denn es dauert lange, sehr lange. Es hat 44 Seiten Regeln, dazu noch ein 32 seitiges Szenarioheft mit weiteren Regeln. Und die Spielmechaniken haben das Potential gestandene Euro-Gamer in die Verzweifelung zu treiben.

Und doch schreibe ich nun darüber, und um es vorweg zu nehmen, es wird ein Loblied werden – ohne wenn und aber, denn es gibt keine wenns und keine abers. Es gibt aber auch eine Empfehlung, welche ich an noch unerfahrene CoSim’er ausspreche: Versucht euch das Spiel am besten nicht selber beizubringen, sucht euch einen erfahrenen CoSim-Spieler oder noch besser jemanden der das Spiel bereits kann und euch näher bringt. Es ist kein sonderlich schwieriges Spiel, aber die meisten EuroGamer werden mit dem Regelwerk schlichtweg überfordert sein und dadurch ist frustration vorprogrammiert, so dass das Spiel auf unbestimmte Zeit mit einem Stempel „unspielbares Monster“ im Regal verstaubt. Und das hat dieses Spiel wirklich nicht verdient.

Elisabeth I. ist ein sogn. „card-driven“ CoSim für 2-6 Personen. Bis 6? Ja, das ist richtig und Partien mit mehr als 2 Personen funktionieren nicht nur irgendwie, sondern sind sogar ausdrücklich zu empfehlen und anzustreben. Elisabeth I. ist die Deutsche Ausgabe von GMTs Virgin Queen und die meisten, die nicht gerade vollkommen dem Geschichtsunterricht ferngeblieben sind, haben wohl wenigstens eine wage Ahnung vom Thema des Spieles. Elisabeth I. ist natürlich die englische Königin. Die „jungfräuliche Königin“, Schwester von Maria Stuart. Ich will nun niemanden mit Regeldetails langweilen. Das es „card-driven“ ist, sollte ausreichen. (→Spielmechniken – card-driven)

Aber was ist an Elisabeth I nun so besonderes? – Seit The Napoleonic Wars sind Multi-Player-Card-Driven-Spiele recht populär und Elisabeth I variiert den Mechanismus nicht gerade signifikant. Es sind nicht die Mechanismen die bei Elisabeth I meine Begeisterung hervorrufen. Ich mag die Mechanismen, ich bin sowieso ein Fan von „card-driven“, und auch alle weiteren Mechanismen im Spiel sind gut „komponiert“. (Fast) nichts neues, aber sie sind in sich und im Zusammenspiel stimmig – aber rein Spielmechanisch auch nicht viel anderes als Nappy (=The Napoleonic Wars). Während bei Nappy sich das Spielgeschehen auf die militärischen Auseinandersetzungen beschränkt, bietet Elisabeth I eine umfassendere Simulation der Geschichte. Der religiöse Konflikt ist min. ebenso wichtig wie der Militärische. Das „verbändeln“ der Königshäuser untereinander, die Entdeckung und Kolonisierung der „neuen Welt“, wissenschaftliche Fortschritte, künstlerische Werke, Spionage und Piraterie geben dem Spiel eine Tiefe, die bisher in dieser Form nicht dagewesen ist; auch nicht im direkten Vorgänger Here i Stand, dessen Herkunft kaum zu übersehen ist. Und um es klarzustellen: Es ist kein „Chrom“, wie man ihn in Spielen solcher Komplexität durchaus schonmal finden kann. Diese Elemente haben eine tragende Rolle im Spiel und sind keinesfalls nur „Schmuck“.

Alles in allem ist Elisabeth I eine erstaunliche Simulation der europäischen Konflikte zwischen 1559 und 1598 auf fast allen vorstellbaren Ebenen. Diejenigen die den „Sprung“ in das Thema machen, werden ein faszinierendes Spiel finden, welches thematisch unglaublich „dicht“ ist. Bei einer Spielzeit von 4-8 Stunden, ist es allerdings nichts für die Mittagspause.

Wie eingangs erwähnt, Elisabeth I ist kein Einsteiger-CoSim und der Sprung von klassischen EuroGames hierhin ist ohne Hilfe kaum schaffbar. Mit Hilfe ist er aber zu meistern und die Belohnung ist in Spielspass gerechnet immens und gerechtfertigt den Aufwand allemal.

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Über Attila

Ich Spiele alles. Von Kinderspielen über Euro-Games, jeder Komplexität, bis hin zu CoSim's. Potentiell gibt es kein Genre, was ich nicht spiele - das Spiel muss halt für mich in der entsprechenden Gruppe einen Reiz haben. Ich mag's gerne, wenn es was länger dauert und auch etwas komplizierter ist. Wenn nicht, auch gut.
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