Essen ’14 – Six MaKING

Die Messe 2014 ist nun vorbei und vielerorts wird mal wieder über Preise, Promos, vermeindliche Abzocker, schlimme Fehldrucke und wie enttäuschen doch alles ist diskutiert. Das kann zwar auf eine gewisse Art unterhaltsam sein, ist aber etwas was irgendwie jedes Jahr auf das gleiche hinaus läuft: Nichts.

Machmal könnte einen das Gefühl beschleichen, das die Spielerschaft hierzulande nur auf die Messe gewartet wird, damit man nach danach mal wieder zünftig nörgeln kann. Man sollte das ganze nicht zu ernst nehmen, ich denke „wir Deutschen“ sind einfach so und wenn man sich dann besser fühlt, wieso nicht? Man sollte nur irgendwann aus dem Nörgelmodus wieder raus kommen, denn sonst verpasst man noch das Wesentliche: Die Spiele!

Und so schreibe ich hier mal etwas über ein kleines Highlight der Messe:  Six MaKING

70er-Jahre-Charm

70er-Jahre-Charm

Zugegeben Six MaKING von Mind Fitness Games ist genaugenommen keine 2014er Neuheit, sondern eine 2013er. Das Cover der Packung verbreitet einen 70er Jahre Charm, der vermutlich dafür verantwortlich ist das ich (und viele andere) dieses Spiel letztes Jahr nicht wahrgenommen habe. Der Inhalt bildet dann jedoch einen auffälligen Kontrast zum Verpackung: Ein solides Holzbrett mit Holzscheiben.  Die Regel ist übersichtlich und beschränkt sich im Kern auf 2 Regeln: Setze einen deiner Scheiben auf ein leeres Feld oder bewege einen Stapel von min. 1 Scheibe auf ein nicht leeres Feld. Das Spiel ist beendet wenn ein Stapel mit min. 6 Scheiben gebildet wurde. Dessen Farbe oben ist, der hat gewonnen. Das hört sich einfach an, und ist es Spielmechanisch auch. Die Komplexität kommt durch die Zugregel, welche die Höhe eines Stapels in Bezug zu einer Schachfigur setzt. Höhe 1 ist ein Bauer, 2 ein Turm, 3 ein Springer, etc und 6 der König (der das Spiel beendet).

Position nach 6 Halbzügen

Position nach 6 Halbzügen

Wie bei jedem „guten“ abstrakten Hirnverzwiebler nimmt der Entscheidungsraum mit jedem Zug von einer kleinen Zahl an Möglichkeiten exponential zu einer gigantischen Anzahl zu. Die Bewertung der Stellung auf dem Brett ist anspruchvoll, da sich die Zugregel der Stapel nach jedem Zug ändert (min. 1 Stapel hat nach einer Bewegung andere Zugmöglichkeiten).  Sicherlich   ist die Spieltiefe nicht mit Schach oder Go zu vergleichen und eine Partie wird kaum länger als 10 oder 15 Minuten dauern – 10-15 Minuten pures Denkvergnügen pro Partie ist mehr als viele anderen Spiele einem abverlangen. Wer aber doch etwas mehr möchte, der kann zu den 3 Spezialscheiben „Milady“, „The Hunchback“ und „The Giant“ greifen, welche die Komplexität etwas erhöhen und die Spieldauer dadurch etwas verlängern. Allerdings ist es weniger angeraten sie direkt zu verwenden, das Spiel in der Grundform zu beherrschen ist Vorrausetzung damit mit den Spezialscheiben Spielspass aufkommen kann. Die Spezialscheiben sind übrigens eine Neuheit dieses Jahr, Besitzer der 2013er Ausgabe suchen diese vergeblich ihn ihrem Exemplar. Eine nette eMail an den Verlag kann da vielleicht Abhilfe leisten. Ich bin mir sicher das sie sich dazu über Feedback freuen würden.

Es ist mir ein Rätsel wie dieses Spiel letztes Jahr auf wirklich keiner einzigen Tipp oder Top-Liste der einschlägigen Blogs und Communityseiten aufgetaucht ist. Und ich muss eingestehen das ich auch dieses Jahr wahrscheinlich keine Notiz genommen hätte, wäre da nicht meine Tochter gewesen die es ausprobieren wollte. Welch ein Glücksfall (im doppelten Sinne).

Liebhaber abstrakter Spiele sollte, ja müssen hier einen Blick drauf werfen. Für mich ein Highlight der Messe. Das es schon letztes Jahr erschienen ist, sollte die Fach-Blogs und Magazine wenigstens zur Selbstreflexion über die Auswahl ihrer Spielbesprechungen veranlassen. Über AquaSphere und Orleans wird sicher nahezu jedes Blog, jedes Magazin und in jedem Communityforum geschrieben – letztendlich werden die Besprechungen auch alle sehr ähnlich ausfallen. Und irgendwann könnte man sich fragen wem eine weitere Besprechung eines vielfach besprochenen Spieles noch etwas bringt, zumal wenn sie mit dem gleichen Fazit endet. Machen „wir“ uns dadurch letztendlich nicht nur zum inoffiziellen Sprachrohr für etablierten Verlage? Ist es nicht auch Aufgabe der „Fachpresse“ dahin zu gehen, wohin der „normale“ Spieler nicht hingeht? Natürlich werden nun Ausreden kommen, wie „ja die waren ja ganz hinten in der Ecke“ oder „das Cover ist aber auch zum abgewöhnen“. Das ändert aber gar nichts, zeigt nur wie voreingenommen man ist und das spiegelt sich dann auch zwangsläufig in der Berichterstattung über Spiele wieder. Die Berichterstattung wird sich auch dieses Jahr primär um die Spiele drehen, die die Masse sowieso schon für sich entdeckt hat. Und gibt es was schöneres als einen Bericht über ein bekanntes Spiel zu lesen, dessen Fazit sich mit dem persönlichen deckt? Ich meine ja: Ein Bericht über ein Spiel, welches man nicht kennt.

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Über Attila

Ich Spiele alles. Von Kinderspielen über Euro-Games, jeder Komplexität, bis hin zu CoSim's. Potentiell gibt es kein Genre, was ich nicht spiele - das Spiel muss halt für mich in der entsprechenden Gruppe einen Reiz haben. Ich mag's gerne, wenn es was länger dauert und auch etwas komplizierter ist. Wenn nicht, auch gut.
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3 Antworten zu Essen ’14 – Six MaKING

  1. Avatar-Foto Attila sagt:

    Das Spielbrett ist eine HDF-Platte, würde ich sagen.

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