Indirektes Ärgern: Vendetta

Heute gibt es mal wieder eine „alte Schachtel“  von Doris Matthäus und Frank Nestel aus dem Jahre 1991 erschienen bei Hexagames und seit dem nie wieder aufgelegt: Vendetta. Das Spiel ist einerseits ein typischer Vertreter seiner Zeit sowohl im „Guten“ wie auch ein bisschen weniger im „Schlechten“.

Die Optik spiegelt stark den Stil der 90er Jahre wieder, und Vendetta hält sich wenigstens dezent mit den Farben zurück. Das klassische Hexagames-Schwarz bildet einen für mein Auge akzeptablen Kontrast, so dass ich auch heute noch gut damit Leben kann. Ebenso wie das Design, ist auch das Spiel ein „typisch 90er“-Jahre Spiel. Auf wenige Mechanismen reduziert, mit hohem Interaktionsfaktor, bieten ein mechanisch einfaches Spiel, was den Reiz fast vollständig aus der Interaktion mit den Mitspielern zieht.

Thematisch ist die Vendetta zwischen Mafia-Syndikaten durchaus angebracht, geht aber lange nicht so weit wie z.B. Capone. Freundschaften zerbrechen in diesem Spiel nach meiner Erfahrung nicht und man kann am Abend auch gemeinsam im gleichen Auto den  Weg nach Hause fahren und hat Gesprächsstoff. Die Idee ist dabei so einfach, wie effektiv. In 13 Bezirke werden Runde für Runde Razzien durchgeführt, wobei die Reihenfolge zufällig (und nicht bekannt) ist. Ein Spieler am Zug setzt in einem beliebigem Gebiet Gangster ein und zeigt eine Karte, die anzeigt, wo eine Razzia durchgeführt wird, der Spieler mit den wenigsten Gangstern wird dort komplett entfernt. Nach 11 Zügen bleiben 2 Gebieten, welche dann von der Polizei komplett aufgeräumt werden. Dann wird gewertet und das Spiel geht weiter oder jemand hat gewonnen (hier geht es um die Gebiete in welchen man die Mehrheit hat).

Das Spiel hat keinen eigentlichen Kniff, sondern lebt von der Unsicherheit, welche Gebiete wann „getroffen“ werden und man kann sich niemals absolut sicher sein, da 2 Gebiete immer vollständig abgeräumt werden. Auch ist die Anzahl, der zur Verfügung stehenden Gangster limitiert,  so dass man damit „haushalten“ muss. Wer zu schnell seine Gangster auf dem Plan auf zu wenige Gebiete verteilt ist schnell handlungsunfähig. So hat das Spiel ein hohes Spieltempo und es passiert ständig etwas. Zum Ende einer Runde steigt die Spannung, welche Gebiete von der Auslöschung betroffen sind, an, um dann wieder relativ entspannt eine neue Runde zu beginnen. Es gilt also zu beobachten wer hat wo die Mehrheiten, welche Gebiete sind erstmal sicher (weil schon gewertet) und wo droht man rauszufliegen und wo die anderen Spieler.

Wie es in der Natur von interaktiven Mehrheitenspielen ist, funktionieren die i.d.R. besser mit mehr als mit weniger Spielern. Als typischer Vertreter der 90er Jahre neigt Vendetta auch etwas dazu chaotisch zu verlaufen und eine von der Spielgruppe anhängigen Eigendynamik zu verfallen. Auch das ist ein Grund es besser mit 5 als mit 3 Personen zu spielen. Als locker-flockiges Mehrheitenspiel mit indirektem Ärgerfaktor funktioniert Vendetta auch 2018 noch wirklich gut.

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Blei im Spiel: Formula De

Auf die Plätze …

Autorennen faszinieren schon seit Graf-Berghe von Trips die Menschen weltweit und folgerichtig gab es auch mehr als einen Versuch Autorennen als Brettspiel umzusetzen. Wer sich nun fragt wer zum Geier ist Graf-Berghe von Trips der kann die Gelegenheit nun nutzen um diese peinliche Wissenslücke mittels der Suchmaschine seines Vertrauens zu schließen.

Formula De von Ludoliere aus dem Jahre 1991, ist ein gelungener Versuch ein Autorennen als Brettspiel abzubilden. 1997 wurde es dann von Eurogames hierzulande (leicht modifiziert) lokalisiert und vertrieben. Das Spiel hat einen gewissen Kultstatus und wurde in den folgenden Jahren um mehr als 40 Strecken erweitert und wird sicherlich auch ein  großer finanzieller Erfolg für den Verlag gewesen sein

Der Kernmechanismus ordnet den 6 Gängen, in denen ein Rennwagen (in diesem Spiel) fahren kann, unterschiedliche Würfel zu. Vor jedem Spielzug entscheidet man, ob man einen Gang rauf oder runter schalten möchte (oder nicht schaltet) und würfelt. Das Ergebnis entspricht der Anzahl der Felder, die man „fährt“. Das Ganze wird zwar noch um weitere Details ergänzt (bremsen, Windschatten, driften, Schaden, Wetter, etc), aber im Kern ist die Entscheidung, die ein Spieler trifft, welchen Gang er einlegt.

Das ist in der Realität spannender als es sich anhört, denn das Ganze ist natürlich reines Risikomanagement. Was ist der Geschwindigkeitsbereich im entsprechenden Gang (also die Anzahl der Felder, die man fährt) und was passiert, wenn man maximal ungünstig würfelt. Kann das Auto das noch aushalten und selbst wenn, will man das riskieren? Denn selbst wenn es irgendwie klappt, steht man im nächsten Zug vor der gleichen Entscheidung und kann dann ggf. nichts mehr riskieren, wenn es wirklich wichtig ist. Alles dreht sich darum, wann geht man wie viel Risiko ein? All zu leicht lässt man sich zu riskanten Manövern verleiten, welche auf das ganze Rennen gesehen als sub-optimal zu sehen sind. Manchmal lohnt es sich jedoch erhöhten Verschleiß zu riskieren, wenn man dadurch z.B. einem größeren Pulk von anderen Wagen in einer Kurve entgeht, die einen nur behindern würden und damit langsamer machen.

Bei Formula De sind Emotionen erlaubt, ja sogar gewollt. Man fiebert mit seinem Wagen oder mit seinem Team (wenn man mit einem Team spielt) und freut sich über jedes gelungene Manöver, staunt über waghalsige Manöver der Konkurrenz und hat Schadenfreude, wenn diese nicht gelingen. Wie in einem echten Autorennen kann einen auch das Aus ereilen, wenn man zu aggressiv fährt und zu viele Risiken eingeht. Für das zünftige Rennen auf dem Spieletisch stehen fast alle real existierenden relevanten Rennstrecken als Erweiterungskarten bereit, so dass ganze Rennsaisons möglich sind und damit dem Spiel noch eine weitere Dimension hinzufügt wird.

Formula De ist dabei kein Spaß für zwischendurch, ein normales Rennen dauert gut und gerne 3 Stunden. Übungsrennen von 1 oder 2 Runden (also 1-2 Stunden Spielzeit) stellen für Neueinsteiger eine gute Möglichkeit dar Erfahrungen zu sammeln. Bei einem Rennen auf die volle Distanz kann es frustrierend sein in der ersten Runde wegen Unerfahrenheit auszuscheiden, aber auch das simuliert die harte Realität eines Rennens akkurat. Wer die Geduld und das Sitzfleisch hat, wird mit einem tollen Spielerlebnis belohnt, was über das Zählen von Siegpunkten weit hinaus geht.

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Mehr als Spiele: Das Regal

Eine schwedische Regalwand

Der zentrale Punkt für jeden zünftigen Spieleabend sind die Spiele. Ohne diese, kein Spieleabend. Und ohne Spieleabend kein Spaß und ohne Spaß kein Hobby. Natürlich gibt es jedoch Dinge, die in unserem Hobby Relevanz haben. Den Aspekt, den ich heute anspreche ergibt sich schnell und ist ein ständiger Wegbegleiter vieler Spielebegeisterten, die sich irgendwann die Frage stellen (müssen), wie man die ganzen Spiele lagern soll. Ein paar wenige Spiele verstaut man i.d.R. in oder auf irgendeinem Schrank, wird die Sammlung grösser, wird es aber langsam ernst. Anders als Filme auf DVD oder Bluray nehmen Spiele sehr schnell ein nicht gerade unerhebliches Volumen in Anspruch. Das muss natürlich gelagert werden und schnell entwickeln sich auch dann auch individuelle Ansprüche an die Lagergestaltung, die locker bis zur Raumgestaltung gehen können.

Eine Regalwand aus dem Baumarkt

Die Disziplinierten, welche ihre Sammlung „im Zaum“ halten können, sind oft mit einem einfachen Regal zufrieden, was zwar meist nicht sehr flexibel ist, dafür sich aber dann i.d.R. in das entsprechende Mobiliar gut einfügt. Das funktioniert bis 300 Spiele sehr gut, wird aber problematisch, wenn es darum geht weit mehr Spiele entsprechend zu verstauen.  Natürlich kann man weitere einfache Regale hinzunehmen, was aber dann oft nicht mehr den eigenen Vorstellungen entspricht und mit steigender Spielezahl tritt die Optik des Regals in den Hintergrund und der Inhalt des Regals immer mehr in der Vordergrund, d.h. ein flexibles und erweiterbares Regal ist das Rückgrad jeder Spielesammlung.

So wird man schnell bei den Regalsystemen stöbern und schauen was es dort gibt, wie es aussieht und welche Addons (Schubladen, Türen, etc) möglich sind. Es gibt verschiedene Hersteller solcher Regalsysteme, vom Schwedischen Möbelhaus mit 4 Buchstaben bis zu Anbietern, die auf Regalsysteme spezialisiert sind. Was man am Ende für ein Regalsystem wählt, ist eigentlich egal, denn es kommt eh immer das gleiche dabei raus: Eine große „Wand“ voller Spiele. Die Optik des Regals verschwindet fast vollständig hinter den bunten, sauber aufgereihten Spieleschachteln.

Für Musikkassetten gedacht.

Damit hat man die Spiele ab einer Größe von etwa der kleinen Alea-Schachteln (San Juan, Vegas, etc) optisch ansprechend verstaut und wird sich (solange man an Spielen Spaß hat) daran erfreuen. Was jedoch mit den kleineren Spielen? Die fristen oft ein Dasein in Schubladen, Kisten oder werden lieblos in einer Ecke des Regals gestapelt. Auch hier gibt es ansprechende Lösungen in Form von Medienregalen. Regale für MCs, CDs und DVDs sind hervorragende Möglichkeiten um die „Kleinen“ entsprechend zu lagern und äquivalent zu präsentieren. Da die kleinen Spiele entsprechend weniger Platz benötigen, findet sich auch immer ein Platz um entsprechende Regale unter zu bringen. An der Auswahl mangelt es nicht, es gibt eine große Zahl an Herstellern für Medienregale.

DVD Regal exakt angepasst.

Nun, mit dem reinen Regal ist es natürlich nicht getan, denn so ein Regalmonster benötigt entsprechend Platz um aufgebaut zu werden. Da wir unsere Spiele in aller Regel nicht im Vorratskeller verstauen, sondern  vermutlich in Wohnzimmer oder gar eigenen fürs Spielen geschaffene Spielezimmern unterbringen, kommt man fast zwangsläufig an den Punkt, an dem man sich über die Raumgestaltung Gedanken macht, schließlich ist eine +5m  breite Regalwand nicht unbedingt ein Blickfang im positiven Sinne. Und schnell ist man dabei einen ganzen Raum umzugestalten.

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Würfelspass: Kingsburg

Kingsburg 1st Edition (Deutsch)

Die ständige Gier nach Neuheiten lässt einen schnell vergessen, welch‘ schöne Spiele man bereits im Regal hat. Ein geschätzter Freund sagt dazu gerne „Ich hab da eine Theorie: Wir haben so viele gute Spiele, wir brauchen gar keine Neuen!“.

Eins von den „alten, guten“ ist Kingsburg von Andrea Chiarvesio und Luca Iennaco erschienen erstmals 2007 bei Stratelibri und im gleichen Jahr hierzulande bei Truant. Kingsburg vereint die Geradlinigkeit eines Würfel-Einsetzspiels mit einem Aufbau & Entwicklungscharakter in einer Spielzeit von gut einer Stunde. Dabei stehen zwei Aspekte im Vordergrund: Zum Einen das Sammeln von Ressourcen und das Aufbauen der eigenen Siedlung, was sowohl Siegpunkte und/oder auch Fähigkeiten freischaltet, die einem mehr Möglichkeiten im weitern Spiel verschaffen. Der zweite Aspekt ist, dass nach 3 Aktionsrunden die Spieler sich gegen eine Bedrohung erwehren müssen. Schafft man diese, bekommt man eine Belohnung (in Form von Ressourcen oder Siegpunkten), tut man das nicht, bekommt man eine entsprechende Bestrafung. Dabei ist die Bedrohung (Stärke, Belohnung und Strafe) nur wage bekannt und bietet dadurch am Ende einer Runde (nach 3 Aktionensrunden) einen gewissen Spannungsfaktor, da auch die Basisstärke der Dörfer bis dahin nicht bekannt ist.

Das Einsetzen der Würfel ist dabei ausreichend interaktiv, da jeder Spieler seine 3 Würfel versucht so optimiert einzusetzen, ohne dass einem die Mitspieler dazwischen grätschen. 3 Würfel bieten dabei einige Möglichkeiten, aber sind auch so überschaubar, dass man auch die Mitspieler im Blick behalten kann ohne in Analyse-Paralyse zu verfallen. Das gibt dem Spiel eine gewisse Leichtigkeit und hält es im Fluss während es trotzdem genügend Spieltiefe hat um nicht trivial zu wirken.

Um zurück auf die Theorie des Freundes zu kommen: Ja, je länger man vor seinem Spieleregal steht, desto mehr richtig gute Spiele fallen einem wieder ein. Recht hat er, in der Beziehung.  Das ändert aber nix daran, das es eine Art Triebfeder der Spieler ist, neues zu entdecken: Neue Mechanismen, neue Kombinationen bekannter Mechanismen, neue Kniffe, kurzum neue Spiele. Da tut es meisten auch nicht weh, wenn das Spiel nicht die große Offenbarung ist.

Dem Neuen zum trotz ist Kingsburg eine Bank, die man jederzeit aus dem Regal ziehen und sich an dem „Alten und Bekannten“ erfreuen kann und es sich trotzdem mit jeder Partie frisch, ja fast „neu“, anfühlt.

2017 wurde Kingsburg von FFG als 2nd Edition neu aufgelegt und das Spiel enthält 6 Erweiterungsmodule, von denen 5 schon in der Erweiterung Die Erweiterung des Königreiches enthalten waren. Des weiteren wurde das Spielsystem 2014 in Kingssport Festival leicht modifiziert übernommen.

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SdJ im Wandel der Zeiten – Teil 1 [1979] – Hase und Igel

Das Spiel des Jahres hat eine lange Tradition in Deutschland. Lange war es ein Wegweiser im noch lange nicht so unübersichtlichen Spielemarkt.  Jahr für Jahr kommentiere ich die nominierten und prämierten Spiele und auch abseits davon schaue ich was ggf. übersehen wurde, wo die Jury dünnhäutig war, was die größten Böcke sind, und was für obskure Sonderpreise verliehen wurden.

Los geht es im Jahre 1979, in dem der Preis noch in seiner Findungsphase war.  Auf der Homepage vom SdJ wird erstaunlicher Weise eine Empfehlungsliste zu diesem Jahr geführt, dabei gibt es diese erst seit 2004; davor gab es eine Auswahlliste und offenkundig handelt es sich um diese.

Das Spiel des Jahres 1979 wurde Hase und Igel von David Parlett. Ursprünglich aus dem Jahre 1973, aber 1978 von Ravensburger in Deutschland aufgelegt. Hase und Igel ist heute ein Klassiker, der wie eh und je funktioniert. Zum Spiel muss ich kaum etwas schreiben, wer es nicht kennt, sollte das schleunigst nachholen.

Bemerkenswertes findet man jedoch auf der Auswahlliste. Zum Einen wurde ein Schachcomputer gefeiert (Chess Challenger Voice), der rein technisch sicherlich zu dieser Zeit irgendwie interessant war, aber von der Spielstärke kaum einen ambitionierten Schachspieler  beeindrucken konnte. Auch Senso und Merlin fällt in eine ähnliche Kategorie und ist eher als technische Spielereien anzusehen, die nur am Rande etwas mit Brettspielen zu tun haben. Mit Blockade, Shogun, Touché und Twixt sind gleich 4 abstrakte Spiele (von denen 3 Zweipersonenspiele sind) auf der Auswahlliste zu finden. Acquire und Alaska schließen die Liste als mehr oder weniger thematische Spiele ab. Acquire ist bereits im Jahre 1964 erschienen und auch schon 1968 (von 3M und Schmidt) in deutsch aufgelegt worden.

Wie ist das SdJ 1979 nun einzuordnen? – Der Spielemarkt war klein und angesichts der wesentlich kleineren Auswahl, ist es völlig legitim auf ältere Veröffentlichungen zurück zu greifen. Die Dominanz von abstrakten Spielen spiegelt den Spielemarkt zu der Zeit durchaus richtig wieder. Die technischen Spielzeuge haben aus heutiger Sicht nichts auf der Liste zu suchen, fängt aber den Zeitgeist sicher auch korrekt ein. (Fun Fact: Chess Challenger Voice hat 1979 ca. 1000 DM gekostet, ein bemerkenswerter Preis für ein „Spiel“ auf einer SdJ Auswahlliste).

Die Liste zeigt auch, warum es zu dieser Zeit dringend nötig war, eine Auszeichnung für Spiele ins Leben zu rufen. Sicher gab es 1979 bereits einige Titel in Deutschland, aber viele haben bis dahin nur über Fans den Weg in unser Land (und unsere Sprache) gefunden: Junta, UNO, Rummikub, Squad Leader (Vorläufer von ASL), King Maker, Speed Circuit, Stellar Conquest, u.v.m. Spielmechanisch anspruchsvolle Titel sucht man zu dieser Zeit vergeblich auf dem deutschen Markt und das Spiel des Jahres hat ganz sicher einen signifikanten Anteil daran, dass sich das in wenigen Jahren massiv ändern wird.

Ein mehr als solider Grunstein, der hier gelegt wurde, um der doch massiv unterentwickelten Brettspielkultur in Deutschland  unter die Arme zu greifen. Etwas eingebremst durch die noch geringe Auswahl an Spielen, aber die „Botschaft“ ist angekommen. Sowohl bei den Spielern wie auch bei den Verlagen, was wir schon ein Jahr später in den ersten Ansätzen erkennen werden.

Einen Sonderpreis „schönes Spiel“ für Seti von Andreas Steiner und Hartmut Witt ist in so fern bemerkenswert, dass das Spiel heute kaum noch jemand kennt. Kaum verwunderlich, ist es eher trivial und hat spielerisch kaum einen Reiz. Spiele aus Holz waren auch 1979 schon „im Trend“ und 1979 brauchte es wohl auch noch nicht mehr.

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Flucht vom Spieletisch: Deckscape

Knobelspaß im Dreierpack.

Escape Räume sind seid einiger Zeit im Trend und auch die Umsetzungen für den Küchentisch erfreuen sich steigender Beliebtheit. Kosmos, Noris, Space Cowboys haben ihre Escape Room Umsetzungen erfolgreich etabliert. Auch Abacus hat ein System im Programm, welches nicht die Verbreitung hat, wie die 3 „großen“ Verlage. Das liegt aber ganz sicher nicht an der Qualität der Abenteuer, sondern vermutlich eher daran, dass die Deckscape Spiele im kleinsten aller Exit/Escape-Spiele Format daherkommt.

Im Format einen großen Kartenspiels (The Game, The Mind, The City, etc) enthält ein Deckscape im Kern 60 Karten, welche die Spieler für etwa 60 Minuten mit Rätseln beschäftigen werden. Zentraler Punkt sind hier thematisch eingebettete Rätsel, welche die Spieler gemeinsam in ein Abenteuer entführt, auf das man sich zumindest in meinen Gruppen hervorragen einlassen konnte. Jedes Deckscape hat dabei einen eigenen kleinen Kniff, so spielt in „Raub in Venedig“ z.B. jeder Spieler einen Charakter, der Informationen hat, die nur er hat (das ist kein Spoiler, keine Angst). Ohne Spielmaterial zu „verbrauchen“, schafft Deckscape es mit dem 60-Karten-System auf eine eigene Art die Spieler rauszufordern. Das mag für den ein oder anderen eher uninteressant sein, aber alle meine Exit/Escape-Spiele wurden bisher mehrfach gespielt (nur einmal von mir) – außer die Kosmos-Exits, welche ich nach einer Partie wegschmeiße.

So kann man die Deckscapes auch wunderbar weiter verschenken (Schwester, Schwager, Katze, Hund … ) oder hält sie in der Spielesammlung für Spieletreffs, o.ä.. Man muss nicht einmal irgendetwas basteln. Wie bei einem regulären Kartenspiel packt man einfach alles wieder ein und die nächste Gruppe kann Spaß damit haben.

Abacus hat ein wunderbares System, was tadellos funktioniert und viel thematischen Spaß für wenig Geld bietet. Leider liest und hört man wenig davon. Das mag auch damit zusammen hängen, dass es bisher nur 3 Abenteuer gibt, aber ich denke es liegt primär daran, dass die „kleinen“ Abacus-Escapes von vielen nicht ernst genommen werden. Das ist ein Fehler, denn müssen sich die Abenteuer hinter niemandem verstecken. Ganz im Gegenteil, in manchen Teilen sind sie sogar ganz weit vorne.

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Kommentar: Manipulationsversuche beim DSP?

Der DSP war nie unumstritten in der Spielerschaft. Auf der einen Seite zeigt der Preis natürlich (zumindest seit 2001) was wirklich gespielt wird, aber auf der anderen Seite kann er nicht wirklich etwas Neues bieten, denn man kann ja am Ende nur für das Abstimmen was man auch kennt. Am Ende soll der DSP ja auch ein Spiegelbild dessen sein, was bei den Spielern „gut ankommt“ und das entspricht nach meinem Gefühl auch dem, was am Ende raus kommt. Normalerweise.

Nun darf seit 2001 im Grunde jeder bei Abstimmung zum DSP mitmachen. Dazu geht man einfach auf die Homepage des DSP und gibt seine Stimme für die Spiele seiner Wahl ab. Ob und wie man sich dort vor Fake-Accounts schützt, weiß ich nicht, aber die Ergebnisse weisen bisher keine Anomalien auf. Meine Erwartungshaltung ist, dass am Ende die Spiele auf der Liste stehen, welche auch bisher in den Spieletreffs und auf den sozialen Medien „gehyped“ werden. Alles anderes wäre höchst seltsam. Wie kann ein Spiel, was wenige kennen (oder drüber sprechen) von jetzt auf gleich bei so einer Abstimmung ganz weit vorne landen? Das wäre eine statistische Anomalie, welche man genauer untersuchen sollte. Genau so eine statistische Anomalie hat am Ende auch den DSP „Skandal“ 2000 aufgedeckt. Nun, es ist noch nicht so weit aber nun hat sich im Vorfeld etwas ereignet. Eigentlich sollte die Abstimmung zum DSP traditionell bis zum 31 Juli laufen. Also noch 4 Tage. Nun hat ein eifriger YouTuber mit dem Nick „Boardgame Digger“ vor ein paar Tagen folgendes YT Video veröffentlicht: https://www.youtube.com/watch?v=qkBZx3w-Dz0

Hier sind die ersten 5 Minuten relevant. In der Kurzfassung, in meinen Worten, erklärt er das er dem Spiel Klong! den DSP „verschaffen“ möchte und ruft dazu auf für dieses Spiel zu stimmen, weil es dann vom Verlag (Schwerkraft) angeblich eine exklusive Promo-Karte gibt, die nur die Leute bekommen, die nachweisen können beim DSP für Klong! gestimmt zu haben.

Das machte natürlich relativ schnell die Runde, und es gab wohl auch ausreichend viele Menschen, die dem Aufruf gefolgt sind. Der Merz-Verlag hat daraufhin alle Stimmen, die seit dem Aufruf eingegangen sind annulliert und die Abstimmung vorzeitig für beendet erklärt. Als Reaktion auf das Echo, was der gute Digger bekommen hat, hat er dann ein weiteres YT-Video veröffentlich: https://www.youtube.com/watch?v=8g0OhTPw4WM

Das muss man sich nicht wirklich antun, aber es gehört halt zur Story dazu. Der Höhepunkt dieses Videos ist ohne Zweifel: „Ihr habt ja alle die Spiele des Jahres Verleihung verfolgt… das war eine einzige … ja … Versammlung von Anzugträgern. Es wurde über Spiele da so emotional gesprochen als wär jemand beerdigt worden. So. Ja. Dann guckt man sich die Jury an und dann sitzt da halt ein Martin Klein darin. Der hat garantiert mehr Spiele als ich und der auch sehr erfolgreich YouTubed und auch ne versierte Ahnung hat und dann gucke ich mir die ganzen anderen Leute an und denke mir nur wer seid ihr überhaupt. Das ihr hier jetzt entscheidet wer … ja … Spiel des Jahres wird. Habt ihr überhaupt in eurem Leben schonmal gespielt? Für mich sieht das nicht so aus. Für mich sahen die Leute auch nicht so aus als hätten sie Spass beim spielen gehabt.“

Schaut es euch selbst an, bildet euch ne eigene Meinung, bevor ihr meine lest. Den ersten Tweet, den ich dazu gelesen habe war sinngemäß „da manipuliert jemand den DSP im Auftrag von nem Verlag“. Was mich zur ersten Frage kommen lässt: Ist das Manipulation? Grundsätzlich kann jeder beim DSP abstimmen und seine Freunde, Bekannten oder Follower aufzufordern ist erstmal keine direkte Manipulation am DSP, schließlich ist meine Stimme immer noch von mir abgegeben und niemanden gehen meine Beweggründe, für Axis & Allies zu stimmen, was an. Hier liegt die Sache aber nicht ganz so einfach, denn es wird mir ja etwas als Gegenleistung versprochen, bei der eigentlich sogar im Namen des Verlages gesprochen wird. Eine Super-Duper-Sonderkarte die alle, die nicht mitmachen, nie bekommen werden. (So die Versprechung)

Das ist imo sogar etwas perfide. Das ist in der Tat ein plumper Manipulationsversuch, der ganz nebenbei auf den Verlag geschoben wird, ohne dass irgendjemand den Wahrheitsgehalt prüfen kann. Was hier versucht wurde ist nix anderes als die YT Abonnenten zu instrumentalisieren um seine eigenen Interessen durchzusetzen. Würde ich den YT Kanal sowieso gar nicht schauen, wäre spätestens jetzt der Zeitpunkt, an dem ich ihn de-abonniert hätte. Wer für ne Super-Duper-Promokarte seine Oma verkauft, soll das tun. Aber wie armseelig ist das bitte? Es geht hier nicht um Informationen oder Austausch über unser Hobby oder gar Journalismus, es geht hier um Selbstdarstellung und nix anderes.

Unterstrichen wird das Ganze dann vom „Erklärvideo“, in dem eindrucksvoll Unwissen präsentiert wird. Wie kann man bitte einen YT Kanal „Rund um Brettspiele“ betreiben und keinen blassen Schimmer haben, wer in der Jury ist? Alda! Ist das Satire? Ich bin ehrlich gesagt etwas Sprachlos. Wenn es nicht so seltsam wäre, wäre es echt lustig.

Was diese „Aktion“ allerdings zeigt: Auch unsere kleine, überschaubare Community ist nicht immun gegenüber Instrumentalisierung und für ein „exklusives“ Promo zerstören manche mit Freude, was andere über Jahrzehnte aufgebaut haben. Aus Neid? Gier? Dummheit? Unwissen? – Ich habe keine Ahnung, aber eins weiß ich: Das ist nicht der richtige Weg.

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Deckbuilder: Tal der Kaufleute

Deckdeconstructioning

Deckbuilder langweilen mich schnell und es gibt wenige Ausnahmen von dieser Regel. Grundproblem ist die offensichtliche Vorgehensweise (oft verwechselt mit „Strategie“), erstmal sein Deck mit möglichst wertvollen Karten voll zustopfen, die weniger Wertvollen zu entsorgen und zum richtigen Zeitpunkt dann auf Siegpunkte umzuschwenken. Tal der Kaufleute von Sami Laakso aus dem Jahre 2015 (2018 bei Schwerkraft erschienen) geht hier einen anderen Weg, bedient sich aber ganz klassischen Deckbuildingmechanismen.

Der Kernpunkt ist, dass ein Deck an sich überhaupt nichts wert ist, da Karten aus dem Deck zu entfernen das Spielziel ist und nicht möglichst viele, möglichst wertvolle Karten in sein Deck zu kaufen. Die Karten müssen mit bestimmten Wertigkeiten in bestimmter Reihenfolge (1-8) aus dem Deck entfernt werden, was der eigentliche Kniff am Spiel ist. Alles weitere ist man von anderen Deckbuildern mehr oder weniger gewohnt. Es dreht sich viel um das Timing und um die Steuerung des Decks und darum das Deck möglichst effektiv zu dekonstruieren ohne danach mit einem miesen Deck dazustehen.

Im Endeffekt geht es darum, Karten in den Werten von 1 bis 8 (in dieser Reihenfolge) sortenrein mit möglichst wenigen Aktionen abzulegen. Wobei man gegenseitig auch direkt interagiert (Karten tauscht, Karten „schenkt“, Karten von seinen Mitspielern abwirft, etc.) um seine Mitspieler etwas „aus dem Tritt“ zu bringen. Das Verführerische am Spiel ist, dass man sich eigentlich immer eine Karte kaufen kann (und wirklich alle sind nützlich), aber nicht immer bringt der Kauf einen unterm Strich dem Spielsieg näher.

So hat das Spiel ein hohes Tempo und läuft geradewegs auf das Ende zu, während die Spieler alles daran setzen das Tempo mitzuhalten. Gemütlich weiter sein Deck bauen, während ein anderer Spieler sein Deck konsequent dekonstruiert (zumindest rein optisch), dem Spielsieg näher rückt, übt zwangsläufig einen gewissen Druck aus, auch selbst was für den Sieg zu tun.

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Old Fashioned Good Gaming: Food Chain Magnate

Old Fashioned? No Way!

Splotter Spellen hat sich 1999 mit dem Spiel Roads & Boats unter den Freunden der anspruchsvollen Spielekultur einen Namen gemacht. Einige weitere  Titel folgten, doch den Erfolg von Roads & Boats konnten sie nicht wiederholen. Die jüngste Neuauflage von 2013 zeigt jedoch, dass die wenigen Monate, die Roads & Boats noch von einem Klassiker trennen, rein obligatorisch sind. Auch die anderen „großen“ Splotter Titel wie Indonesia oder Antiquity haben ihren Platz beim Zielpublikum gefunden.

So auch Food Chain Magnate von Jeroen Doumen, Joris Wiersinga aus dem Jahre 2015. Eins haben die „großen“ Splotter gemein: Man kann sie mit Fug und Recht als „Brecher“ bezeichnen. In der Regel ein abendfüllendes, anspruchsvolles Wirtschaftsspiel mit starkem Aufbaucharakter, der nicht gerade den schnellen Spielspaß verspricht. Nimmt man sich die 3-4 Stunden,  wird man jedoch unweigerlich in den Bann gezogen, welcher die Splotter Spiele auszeichnet.

Food Chain Magnate kommt dabei nicht nur mit einer originellen Illustration daher, sondern bietet zudem eine Einsteigervariante zum Kennenlernen, die in 1-2 Stunden spielbar ist. Freilich ist das nur um auf den Geschmack zu kommen. Pizza, Burger und Drinks müssen an Mann/Frau und Kind gebracht werden und die Spieler konkurrieren in einer Stadt um die Gunst der kochfaulen Fastfood-Gäste. Werbetafeln, Wurfzettel und Radiowerbung sind die richtigen Mittel, um in der Bevölkerung Bedürfnisse zu wecken, die sie von alleine niemals haben würde. Um die Qualität muss man sich nicht kümmern, am Ende ist es alles Fast Food und wer das Meiste für den besten Preis verkauft ist am Ende der Gewinner.

In Food Chain Magnate dreht sich alles um Preisgestaltung, Marktzugang und Zielgruppenorientierung. Was sich erfrischend von anderen Aufbauspielen abhebt, die sich oft im Mikromangement bei der Produktion verlieren, während der Markt ein einfaches Ablagetableau ist. Hier ist der „Markt“ der interaktive Teil des Spiels, in dem die Spieler selbst den Bedarf erzeugen um ihn dann selbst zu decken.

Trotz der Dauer des Spiels und der durchaus nicht trivialen Spielregel, geht Food Chain Magnate leicht von der Hand und der eigentliche Anspruch entsteht erst in dem Willen gewinnen zu wollen. Dabei bietet das Spiel ungewöhnlich viele Strategien, die alle untereinander interagieren und gegenseitige Reaktionen aufeinander den Spielern abverlangen.

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Underdog: Steel Driver

Es gibt viele Spiele die aus unterschiedlichsten Gründen weitgehend unbekannt sind. Über die Gründe dafür möchte ich hier gar nicht spekulieren. Die heute Spielevorstellung kommt von Warfrog/Treefrog aus der Feder von Martin Wallace: Steel Driver aus dem Jahre 2008.

Seit  2000 hat Martin Wallace zahlreiche, höchst bemerkenswerte Titel veröffentlicht, von denen viele bemerkenswert wenig Beachtung fanden. Steel Driver ist eines dieser Spiele. Zwar hat Pegasus es 2009 hierzulande lokalisiert, das war jedoch so lieblos dahin geschludert, dass man die Pegasus Ausgabe bald für 5,-€ auf der Messe schießen konnte (während die Treefrog-Edition heutzutage Sammlerstatus genießt).

Steel Driver ist eine simple Wirtschaftssimulation, in der die Spieler Aktien von Unternehmen kaufen, diese Unternehmen dann steuern (Eisenbahnbau) um am Ende möglichst großen Gewinn zu erwirtschaften. Dieses Spielprinzip ist nicht neu, Mini-Rails, Iberia Rails, Chicago Express oder auch North American Railways setzen z.B. auf den gleichen Kernmechanismus. Steel Driver schafft es aus diesem Mechanismus ein kleines Spiel, was sich groß anfühlt, zu generieren und greift dafür auf unkomplizierte und sehr elegante Mechanismen zurück. Das ist ein Markenzeichen vom Martin Wallace, welches man bei den meisten seiner Spiele entdecken kann. Einerseits kann man sich dadurch schnell auf das Spiel konzentrieren und andererseits sind die Mechanismen so gewählt das sie das Thema unterstützen (oder umgekehrt?).

„Mal wieder“ ein Eisenbahnspiel, was ich uneingeschränkt empfehlen kann, ja sogar muss. Lasst die Quatsch-Spiele mal im Regal, und widmet euch mal einem „Level mehr“. Es fühlt sich nicht so an, versprochen.

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