Spiel18-Watch: Gloomhaven – Forgotten Circles

Es ist Hochsommer, die GenCon ist vorbei und langsam wird es Zeit sich intensiver mit der kommenden Messe in Essen zu beschäftigen. Ein möglicher Ausgangspunkt dafür ist die BGG Preview-Liste, die es jährlich dazu gibt. Mit aktuell 222 Titeln ist sie noch überschaubar, aber warten wir ab wie das Anfang Oktober aussehen wird.

Die Ursache feuchter Träume?

Es gibt jetzt schon einige Neuheiten, die mich beim Überfliegen der Liste quasi anspringen. Eine davon ist die Gloomhaven Erweiterung Forgotten Circles. Gloomhaven ist eins der Spiele, die zeigen, dass Kickstarter (stellvertretend für Crowdfounding generell)  durchaus auch positive Seiten hat. Ich bin der festen Überzeugung bei einem „normalen“ Verlag, wäre dieses Spiel niemals in dieser Form erschienen. Entweder wäre das Spiel stark reduziert (nennt man „redaktionelle Überarbeitung“) oder halt eben gar nicht aufgelegt worden (ich gehe von letzterem aus). Gloomhaven zeigt, dass es Interessierte gibt, die mehr wollen als die Standardkost. Rundgefeilte Euros, die jeglichen Charakter missen, gibt es genug (und darunter auch wirklich gute), aber Spiele mit einem eigenen Charakter, die eckig sind, manchmal sogar unangenehm, stehen nicht auf verlorenem Posten. Gloomhaven hat es sogar so weit gebracht, dass Feuerland eine deutsche Version gemacht hat. Sicherlich kein besonders einträgliches Unterfangen, aber es wird sich gerechnet haben und diesen „Fanservice“ darf man dem kleinen Verlag durchaus hoch anrechnen.

Doch zurück zu Gloomhaven bzw. der kommenden Erweiterung. Das Spiel selbst habe ich ja bereits hier abgefeiert und ich erwarte nichts anderes von der Erweiterung. 20 neue Szenarien, neue Monster, eine neue Heldenklasse hört sich jetzt eher unspektakulär an, ja sogar fast enttäuschend. 20 Szenarien sind ja quasi „ruck-zuck-weggespielt“. Als Trost kann man empfinden, das die Szenarien dafür umfangreicher (mehrere Seiten pro Szenario) sein werden und dynamischer und interessanter sein sollen. Was das genau heißt, weiß ich auch noch nicht, aber ich bin höchst gespannt. Für etwa €30,-  wird man keine 120 Szenarien Kampagne bekommen. Zumal der Anspruch von Isaac Childres auch nicht „more of the same“ ist. Angesichts, dass es eigentlich gar keine Erweiterung geben sollte, darf man gespannt sein was er sich zusammen mit Co-Autor Marcel Cwertetschka für die Gloomhaven-Welt ausgedacht hat.

Bisher ist es nicht bekannt, ob die Erweiterung dazu auch bei Feuerland in Deutsch erscheinen wird, aber ich gehe davon aus, dass man das zumindest auf dem Schirm hat und anstrebt sich mit Cephalofair zu einigen. Da darf man zumindest ein wenig hoffen.

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Schüler Projekt: Escape Room selber erstellen

Als uns im März mitgeteilt wurde, dass wir endlich mal wieder Projekttage an meiner Schule veranstalten werden, war für mich klar, dass ich versuchen würde mit Schülern einen eigenen Escape Room aufzubauen.

Die ersten Fragen, die geklärt werden mussten waren, wo der Raum hin sollte, für welche Altersklasse biete ich das Projekt an und wer unterstützt mich. Das Jugendkulturzentrum Bernkastel-Kues, in dem ich auch alle meine Spielveranstaltungen veranstalte, konnte mir einen solchen Raum bieten. Dazu die perfekten Räumlichkeiten für die Umsetzung des Projektes: Eine Werkstatt und viele Möglichkeiten sich zurück zu ziehen, dazu die ganzen Materialien, die dort rumliegen. Unterstützung war in Form einiger meiner Ex Schüler aus dem Brettspielkreis zu finden, als Altersstufe legten wir 10.-12. Klasse fest.

Leider waren die Rahmenbedingungen für den Start des Projektes denkbar ungünstig. Das erste und einzige Treffen mit der Projektgruppe war nur eine Woche vorher und auch noch in der Zeit, in der die 11er im Praktikum waren, sodass ich nur die Hälfte meiner Schüler im Planungstreffen hatte. Dort wurde dann auch schnell klar, dass sich einige Schüler noch nie einen Escape Room besucht hatten. Trotzdem war die Themenfindung dann einigermaßen kreativ und wir hatten ein erstes Arbeitsthema: Märchen.

Auf mein Angebot hin den Montag davor in einen professionellen Escape Room zu fahren gab es von einigen Elftklässlern leider keine positive Rückmeldung, naja was erwarte ich auch von Schülern… (Sie mussten den vergünstigten Eintritt selber bezahlen und es war in ihrer Freizeit). Falls ich so ein Projekt erneut anbieten würde, wird das verpfichtend sein. Denn für die Motivation konnte es keinen besseren Start geben, kam doch eigentlich jeder aus dem Raum heraus mit Ideen und großer Lust nun selber kreativ zu werden. Der Titel des Raumes war auch danach schnell gefunden: “Das Autorenzimmer“

Die nächsten 3 Tage waren dem Erstellen des Raumes vorgehalten. Während die ersten Teams schon an der Dekoration und den ersten Rätseln arbeiteten, wurden mit anderen noch Brettspiel Escape Rooms gespielt, damit die Schüler die Chance hatten sich mit dem Thema zu identifizieren. Vor allem die Mädels aus der 10. Klasse und meine etwas motivationslosen 11er wollte ich damit ermuntern Spaß und Freude am Projekt zu entwickeln.

Von der Schule vorgegeben waren die Zeiten 7:50 bis 13 Uhr für die Projekttage. Da mir aber klar war, dass ich mit 15h keinen Raum gebaut bekomme, war vorher schon mit meinem Team abgesprochen, dass wir auf jeden Fall alle Tage länger arbeiten werden. Einige Schüler haben sich auch dazu bereit erklärt.

Am zweiten Tag waren dann alle mit von der Partie und nutzen die tollen Möglichkeiten des Jugendkulturzentrums aus. Die Leiterin zeigte hier das volle Vertrauen in die Jugendlichen und erlaubte ihnen vollen Zugang zur Werkstatt mit allem was darin zu finden war genauso wie zu allem, was die Schüler sonst im Jukuz erstöbern konnten. Damit war der Kreativität kein Limit gesetzt und es konnte eifrig getüftelt und gebaut werden. Ich war wirklich sehr positiv überrascht, dass meine “Gymnasiasten” richtig Lust hatten handwerklich zu arbeiten und so z.B. das Bücherregal für den Raum nicht gesucht, sondern kurzerhand gebaut wurde. Am dritten Tag wurde der Raum hauptsächlich finalisiert, richtig eingeräumt und zum ersten Mal getestet. So konnten Rätsel, die zu schwer waren, geändert und Fehler im System gefunden werden.

Ich hätte nicht gedacht, dass unsere schwierigste Aufgabe bei der Erstellung des Escape Rooms, die zeitliche Komponente sein würde. Denn die Kreativität sich Rätsel auszudenken war sehr hoch, nun aber den Raum auf 60 Minuten zu bringen war doch schwerer als gedacht, da man es nicht selber testen kann…

Den Tag danach stand der große Beta-Test an, den der Raum auch bestens bestanden hat. „Ich hätte nicht gedacht, dass ein selbstgebauter Raum so gut sein kann“, sagte einer der Tester. Danach haben wir noch einiges geändert und eigentlich waren in der folgenden Woche alle Gruppen Beta-Tester, denn es wurde immer wieder weiter am Raum geschraubt.

Der Raum war nun die ganzen Sommerferien geöffnet und wir haben viel positives Feedback bekommen. Über 40 Buchungen haben mich und mein Team die Ferien über beschäftigt, damit haben wir alle nicht wirklich gerechnet. Wir haben uns schlussendlich dafür entschieden den Raum auf Spendenbasis anzubieten, damit sich jeder mal so ein Erlebnis leisten kann. Inzwischen bieten wir den Raum sogar auf 3 Schwierigkeitsstufen an, damit sowohl die Jüngeren (ab Klasse 5) als auch die Erfahreneren Spaß am Raum haben können.

Wir hoffen, dass wir den Raum auch erstmal weiter offen halten können und sind schon am zweiten Raum dran, mit Bunker Thema.

Fazit: Das Projekt Escape Room ist definitiv ein Erfolg gewesen und würde ich jedem empfehlen, der Lust darauf hat so etwas mal mit einer Gruppe zu entwickeln. Es ist zwar sehr viel Arbeit aber unser Erfolg hat uns Recht gegeben.

Wer mehr zu einzelnen Rätseln oder so wissen möchte kann mich gerne kontaktieren unter missbaybee@diebrettspielexperten.de ich möchte davon öffentlich nicht zu viel verraten.

 
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Civi-Knaller mit Patch-Mechanismus: Patchistory

Patchistory von Yeon-Min Jung und Jun-Hyup Kim aus dem Jahre 2013 (Deinko Games, 2014 dann bei StuntKite Publishing) ist ein Versuch, die eher episch angelegten Zivilisationsspiele, um einen Patchwork-Mechanismus zu bereichern. Um es gleich vorweg zu nehmen (ansonsten gäbe es auch kaum ein Blog über das Spiel), ein wirklich gelungener Versuch.

Das Spiel verfolgt einen abstrakten Ansatz, in dem jeder Spieler sein Volk in seiner Spielerauslage verwaltet, es jedoch keine Karte o.ä. gibt, auf der die Spieler um Land und Ressourcen streiten. Dieser „Streit“ über neue Gebiete (in Form einer Versteigerung) beginnt jede Runde und führt zum namensgebenden Kernelement. Die ersteigerten Gebietskarten (jeder Spieler bekommt eine, dafür ist gesorgt)  müssen in das bereits bestehende Gebiet eingebaut werden, dabei ist zu beachten, dass man „patchen“ (also teilweise übereinander legen) muss. Die einzelnen Spielelement auf den Karten versucht man dabei so zu überdecken, dass das, was übrig bleibt, eine möglichst sinnvolle Kombination ergibt.

Wie nicht anders zu erwarten, sammelt man verschiedene Ressourcen, entwickelt Militär und Kultur, baut Wunder, handelt und führt Kriege und tut alles was ein Zivilisationsspiel ausmacht. Ähnlich wie auch beim großartigen Im Wandel der Zeiten, vergleicht man bei einem Konflikt die Militärwerte und ermittelt so den Sieger. Je nach Art des Konfliktes (Scharmützel oder ausgewachsener Krieg) geht es dann entweder um ein paar Ressourcen,  oder halt um Siegpunkte.

Die Spieldauer ist mit 2-4 Stunden (1h/Spieler + Erstspiel Aufschlag) in einem Rahmen in dem sich auch vergleichbare Zivilisationsspiele befinden (Im Wandel der Zeiten, Nations, Clash of Cultures, etc) und hat sowohl ausreichend unvorhersehbare Elemente (welche Gebiete pro Runde entdeckt/versteigert werden) um eine Art „emotionale Bindung“ zu einer Partie zu erlauben, ist aber ansonsten so stark vorhersehbar und berechenbar, so dass man strategisch spielen kann (und muss, wenn man gewinnen möchte).

Patchistory muss sich keinesfalls vor vergleichbaren Spielen, wie dem schon genannten Im Wandel der Zeiten oder Nations verstecken. Im Gegenteil, ist es auf seine eigene Art für manche sicherlich das bessere Spiel, da die thematische Umsetzung ein Stück besser gelingt und es sich damit ein bisschen „authentischer“ anfühlt. Und das „patchen“ macht einfach nur Spaß (vor allem wenn man bemerkt, dass man das Teil, was man ersteigert hat, gar nicht so einbauen kann, wie man wollte)

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SdJ im Wandel der Zeiten – Teil 2 [1980] – Rummikub

Kummikub gibt es auch im edlen Koffer

Nach dem das SdJ 1979 uns einen tiefen Blick in die Abgründe der deutschen Spielekultur erlaubt hat, schauen wir heute, was sich in dem Jahr getan hat. Rummikub (Autor Ephraim Hertzano) war 1980 zwar mehr oder weniger eine Neuheit auf dem deutschen Markt, das Spiel gibt es aber bereits seit den 1930er Jahren, wurde 1977 dann aber als industriell gefertigtes Spiel vertrieben (vorher hab es nur einzelne handgefertigte Exemplare).

Das Spiel hat Ähnlichkeiten mit Okey (ein traditionelles Spiel aus dem mittleren Osten), was selber Ähnlichkeiten mit Rommé hat, was bereits im 18ten Jahrhundert große Verbreitung gefunden hat. So gesehen ist das SdJ 1980 in der Tat ein Spiel, von dem man mit Fug und Recht behaupten kann, dass es die Spielekultur geprägt hat. Nur halt schon lange bevor es SdJ geworden ist. Ein zeitloser Klassiker, der auch ohne den SdJ Pöppel heute und in Zukunft große Verbreitung hätte. Nur Möglicherweise nicht in Deutschland.

Mit Rubiks Cube (bei uns nannte man das Ding schlicht „Zauberwürfel“), dem „Spiel“ Spiel (was kein Spiel ist, sondern ein Spiel-bau-Kasten) und Heiße Spur (wieder mal ein Elektronik-Gadget) finden sich auch hier rein formell fragwürdige Titel auf der Auswahlliste bzw. bei den Preisträgern (Spiel und Rubiks Cube haben Sonderpreise bekommen). Das sich langsam etwas bewegt auf dem Deutschen Markt sieht man aber an anderen Titeln.

Mit Niki Laudas Formel 1 von Wolfgang Kramer (und ganz ehrlich, wer ihn jetzt nicht kennt, spielt bitte erstmal: El Grande, Pepper, 6 Nimmt, Torres, Tikal, Die Fürsten von Florenz, Paläste von Carrara, uvm.), treffen wir hier erstmalig auf diesen Autor dessen Namen man sich merken sollte.  Bemerkenswert aus heutiger Sicht ist die Tatsache, dass Wolfgang Kramer auf dem Cover nicht genannt wurde (ich bin mir auch nicht ganz sicher ob er in der Regeln schon genannt wurde). Noch als Merchandisingspiel getarnt, ist hier die erste zarte Pflanze dessen zu erkennen, was wir heutzutage als „Eurogame“ (zwischendurch auch mal als „German Game“) bezeichnen.

Der zweite nicht nur spielerisch bemerkenswerte Titel auf der Auswahlliste ist Dampfross von David G. Watts. Eine aktuelle Neuerscheinung, die für den deutschen Markt lokalisiert wurde, über die wir bald wieder sprechen werden. Genau so, wie wir schon im nächsten Teil über Focus, ein Spiel aus dem Jahre 1963 von Sid Jackson, sprechen werden. Diese beiden Titel zeigen wie beschränkt der Spielemarkt in Deutschland in den Anfangsjahren des SdJ gewesen ist. Zwar sieht man langsam etwas Bewegung, aber noch setzt die Jury auf bereits Bewährtes. Spiele, die schon woanders gezeigt haben, das sie akzeptiert werden. Spiele, die das noch nicht beweisen konnten, bleibt erstmal die Auswahlliste vorbehalten. Da nimmt man lieber nochmal einen 17 Jahre alten Schinken und setzt ihn auf die Liste als einen aktuellen Titel wie Can’t Stop (der dafür später zwei Jahr in Folge auf der Auswahlliste stehen wird).

1980 war international kein schlechter Jahrgang. Große Klassiker wie wie Dune, Civilization, Magic Realm oder das legendäre Titan stammen aus diesem Jahrgang. Genauso wie Um Reifenbreite (was wir mehr als 10 Jahre später wieder treffen werden) oder das bereits erwähnte Can’t Stop weitere erwähnenswerte Titel darstellen. Titel wie Epaminondas oder Galaxis (beides abstrakte 2-Personen Spiele) gehören jetzt eher auf eine Kuriositätenliste als auf eine Auswahlliste.

Unter dem Strich lässt sich bereits erkennen, dass der deutsche Spielemarkt positiv reagiert, nach einem Jahr quasi aus dem nichts, lassen sich bereits Tendenzen erkennen, dass nicht jedes Spiel erst „abgehangen“ auf den deutschen Markt kommt, sondern die lokalen Erscheinungen näher am „Puls der Zeit“ sind. Die Verlage werden langsam mutiger und die Spielerschaft darf sich über insgesamt mehr Erscheinungen freuen. In einer Welt, die noch nicht global vernetzt ist, ein wichtiger Schritt für alle beteiligten. Aufgrund des enormen Nachholbedarfs kann man auch das SdJ 1980 kaum wirklich kritisieren, was sich aber bereits ein Jahr später ändern soll.

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Zivilisation im Handelsgewand – Age of Renaissance

Heute gehen wir in das Jahr 1996 und zu Age of Renaissance von Don Greenwood und Jared Scarborough erschienen bei Avalon Hill und Hierzulande dann 1999 von Eurogames/Descartes unter dem Titel Das Zeitalter der Renaissance auf den Markt gebracht. An Age of Renaissance scheiden sich die Geister. Für die einen ist es ein unspielbarer Regel-Moloch dazu ungerecht, zufällig und ohne jeglichen Spielspaß. Für die anderen ist es ein Jahrhundertspiel, was Seinesgleichen sucht.

Das „bessere“ Civilisation?

Die Wahrheit liegt sicher dazwischen, aber auch ich bin Anhänger der zweiten Gruppe. Lange Spielzeiten stören mich nicht und auch wenn man Age of Renaissance in 3 Stunden spielen kann, werden die ersten zarten Versuche dieses Spiel zu spielen 6 und mehr Stunden dauern und es wird ggf. sogar abgebrochen. Das Spiel ist weder geradlinig, noch regeltechnisch einfach gehalten. Es gilt also zum einen erstmal zu lernen die Regeln vollständig zu beherrschen und das Spiel auch entsprechend zu meistern, denn Fehler verzeiht das Spiel kaum. Zwar ist im ersten Drittel des Spiels nicht alles entschieden, doch kann man als unerfahrener Spieler durchaus Fehler machen, die so schlimm sind, dass man jeglichen Spaß am Spiel verlieren kann. Während Civilisation (1980, Francis Tresham – Age of Renaissance wird hier gerne mit verglichen) regeltechnisch viel einfacher ist und die Spieler gerade am Spielstart durch die wenigen Optionen, die sie haben, in das Spiel einführt, ohne dass man viel falsch machen kann, ist das Wasser bei Age of Renaissance doch sehr kalt. Dazu kann das Spiel böse sein, sehr böse. Das muss man verdauen und akzeptieren und keinesfalls auf die Mitspieler projizieren. Es gibt Karten, die sind übel und die kommen ins Spiel (außer man entfernt sie vor Spielbeginn) und die haben auch das Potential Freundschaften auf die Probe zu stellen. Es ist aber weniger das Verschulden der Spieler, als das des Spiels. Die Pest bricht aus, ohne wenn und aber, nur wann liegt im Ermessen der Mitspieler.

Hat man das Regelwerk gemeistert und findet man genügend Gleichgesinnte, wird man mit einem epischen Spielerlebnis belohnt, was emotionale Höhen und Tiefen hat, spannend von Anfang bis Ende ist und bei mir immer wieder ein „Wow“-Gefühl auslöst. Es ist ein Spiel wo es am Ende völlig egal ist, ob man gewonnen hat oder ob man letzter geworden ist, alleine das Erlebnis sind alle „Strapazen“ Wert. Das Spiel erzählt eine Geschichte und jeder Mitspieler gestaltet diese mit und ist auch Teil davon.

Freunde von epischen Brettspielen, abendfüllend, fordernd und kompetitiv kommen eigentlich nicht an diesem Meisterwerk vorbei. Ohne Frage für mich eins der besten Spiele die es überhaupt gibt. Spiele mit so einem hohen Anspruch verkaufen sich nicht wie geschnitten Brot, so dass es leider seit 1999 keine Neuauflage mehr gab, deshalb man auf dem Sekundärmarkt teilweise stolze Preise dafür bezahlen muss. Wieder ein Beleg dafür das die Theorie „gute Spiele werden immer wieder neu aufgelegt“ nicht zutrifft.

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Indirektes Ärgern: Vendetta

Heute gibt es mal wieder eine „alte Schachtel“  von Doris Matthäus und Frank Nestel aus dem Jahre 1991 erschienen bei Hexagames und seit dem nie wieder aufgelegt: Vendetta. Das Spiel ist einerseits ein typischer Vertreter seiner Zeit sowohl im „Guten“ wie auch ein bisschen weniger im „Schlechten“.

Die Optik spiegelt stark den Stil der 90er Jahre wieder, und Vendetta hält sich wenigstens dezent mit den Farben zurück. Das klassische Hexagames-Schwarz bildet einen für mein Auge akzeptablen Kontrast, so dass ich auch heute noch gut damit Leben kann. Ebenso wie das Design, ist auch das Spiel ein „typisch 90er“-Jahre Spiel. Auf wenige Mechanismen reduziert, mit hohem Interaktionsfaktor, bieten ein mechanisch einfaches Spiel, was den Reiz fast vollständig aus der Interaktion mit den Mitspielern zieht.

Thematisch ist die Vendetta zwischen Mafia-Syndikaten durchaus angebracht, geht aber lange nicht so weit wie z.B. Capone. Freundschaften zerbrechen in diesem Spiel nach meiner Erfahrung nicht und man kann am Abend auch gemeinsam im gleichen Auto den  Weg nach Hause fahren und hat Gesprächsstoff. Die Idee ist dabei so einfach, wie effektiv. In 13 Bezirke werden Runde für Runde Razzien durchgeführt, wobei die Reihenfolge zufällig (und nicht bekannt) ist. Ein Spieler am Zug setzt in einem beliebigem Gebiet Gangster ein und zeigt eine Karte, die anzeigt, wo eine Razzia durchgeführt wird, der Spieler mit den wenigsten Gangstern wird dort komplett entfernt. Nach 11 Zügen bleiben 2 Gebieten, welche dann von der Polizei komplett aufgeräumt werden. Dann wird gewertet und das Spiel geht weiter oder jemand hat gewonnen (hier geht es um die Gebiete in welchen man die Mehrheit hat).

Das Spiel hat keinen eigentlichen Kniff, sondern lebt von der Unsicherheit, welche Gebiete wann „getroffen“ werden und man kann sich niemals absolut sicher sein, da 2 Gebiete immer vollständig abgeräumt werden. Auch ist die Anzahl, der zur Verfügung stehenden Gangster limitiert,  so dass man damit „haushalten“ muss. Wer zu schnell seine Gangster auf dem Plan auf zu wenige Gebiete verteilt ist schnell handlungsunfähig. So hat das Spiel ein hohes Spieltempo und es passiert ständig etwas. Zum Ende einer Runde steigt die Spannung, welche Gebiete von der Auslöschung betroffen sind, an, um dann wieder relativ entspannt eine neue Runde zu beginnen. Es gilt also zu beobachten wer hat wo die Mehrheiten, welche Gebiete sind erstmal sicher (weil schon gewertet) und wo droht man rauszufliegen und wo die anderen Spieler.

Wie es in der Natur von interaktiven Mehrheitenspielen ist, funktionieren die i.d.R. besser mit mehr als mit weniger Spielern. Als typischer Vertreter der 90er Jahre neigt Vendetta auch etwas dazu chaotisch zu verlaufen und eine von der Spielgruppe anhängigen Eigendynamik zu verfallen. Auch das ist ein Grund es besser mit 5 als mit 3 Personen zu spielen. Als locker-flockiges Mehrheitenspiel mit indirektem Ärgerfaktor funktioniert Vendetta auch 2018 noch wirklich gut.

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Blei im Spiel: Formula De

Auf die Plätze …

Autorennen faszinieren schon seit Graf-Berghe von Trips die Menschen weltweit und folgerichtig gab es auch mehr als einen Versuch Autorennen als Brettspiel umzusetzen. Wer sich nun fragt wer zum Geier ist Graf-Berghe von Trips der kann die Gelegenheit nun nutzen um diese peinliche Wissenslücke mittels der Suchmaschine seines Vertrauens zu schließen.

Formula De von Ludoliere aus dem Jahre 1991, ist ein gelungener Versuch ein Autorennen als Brettspiel abzubilden. 1997 wurde es dann von Eurogames hierzulande (leicht modifiziert) lokalisiert und vertrieben. Das Spiel hat einen gewissen Kultstatus und wurde in den folgenden Jahren um mehr als 40 Strecken erweitert und wird sicherlich auch ein  großer finanzieller Erfolg für den Verlag gewesen sein

Der Kernmechanismus ordnet den 6 Gängen, in denen ein Rennwagen (in diesem Spiel) fahren kann, unterschiedliche Würfel zu. Vor jedem Spielzug entscheidet man, ob man einen Gang rauf oder runter schalten möchte (oder nicht schaltet) und würfelt. Das Ergebnis entspricht der Anzahl der Felder, die man „fährt“. Das Ganze wird zwar noch um weitere Details ergänzt (bremsen, Windschatten, driften, Schaden, Wetter, etc), aber im Kern ist die Entscheidung, die ein Spieler trifft, welchen Gang er einlegt.

Das ist in der Realität spannender als es sich anhört, denn das Ganze ist natürlich reines Risikomanagement. Was ist der Geschwindigkeitsbereich im entsprechenden Gang (also die Anzahl der Felder, die man fährt) und was passiert, wenn man maximal ungünstig würfelt. Kann das Auto das noch aushalten und selbst wenn, will man das riskieren? Denn selbst wenn es irgendwie klappt, steht man im nächsten Zug vor der gleichen Entscheidung und kann dann ggf. nichts mehr riskieren, wenn es wirklich wichtig ist. Alles dreht sich darum, wann geht man wie viel Risiko ein? All zu leicht lässt man sich zu riskanten Manövern verleiten, welche auf das ganze Rennen gesehen als sub-optimal zu sehen sind. Manchmal lohnt es sich jedoch erhöhten Verschleiß zu riskieren, wenn man dadurch z.B. einem größeren Pulk von anderen Wagen in einer Kurve entgeht, die einen nur behindern würden und damit langsamer machen.

Bei Formula De sind Emotionen erlaubt, ja sogar gewollt. Man fiebert mit seinem Wagen oder mit seinem Team (wenn man mit einem Team spielt) und freut sich über jedes gelungene Manöver, staunt über waghalsige Manöver der Konkurrenz und hat Schadenfreude, wenn diese nicht gelingen. Wie in einem echten Autorennen kann einen auch das Aus ereilen, wenn man zu aggressiv fährt und zu viele Risiken eingeht. Für das zünftige Rennen auf dem Spieletisch stehen fast alle real existierenden relevanten Rennstrecken als Erweiterungskarten bereit, so dass ganze Rennsaisons möglich sind und damit dem Spiel noch eine weitere Dimension hinzufügt wird.

Formula De ist dabei kein Spaß für zwischendurch, ein normales Rennen dauert gut und gerne 3 Stunden. Übungsrennen von 1 oder 2 Runden (also 1-2 Stunden Spielzeit) stellen für Neueinsteiger eine gute Möglichkeit dar Erfahrungen zu sammeln. Bei einem Rennen auf die volle Distanz kann es frustrierend sein in der ersten Runde wegen Unerfahrenheit auszuscheiden, aber auch das simuliert die harte Realität eines Rennens akkurat. Wer die Geduld und das Sitzfleisch hat, wird mit einem tollen Spielerlebnis belohnt, was über das Zählen von Siegpunkten weit hinaus geht.

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Mehr als Spiele: Das Regal

Eine schwedische Regalwand

Der zentrale Punkt für jeden zünftigen Spieleabend sind die Spiele. Ohne diese, kein Spieleabend. Und ohne Spieleabend kein Spaß und ohne Spaß kein Hobby. Natürlich gibt es jedoch Dinge, die in unserem Hobby Relevanz haben. Den Aspekt, den ich heute anspreche ergibt sich schnell und ist ein ständiger Wegbegleiter vieler Spielebegeisterten, die sich irgendwann die Frage stellen (müssen), wie man die ganzen Spiele lagern soll. Ein paar wenige Spiele verstaut man i.d.R. in oder auf irgendeinem Schrank, wird die Sammlung grösser, wird es aber langsam ernst. Anders als Filme auf DVD oder Bluray nehmen Spiele sehr schnell ein nicht gerade unerhebliches Volumen in Anspruch. Das muss natürlich gelagert werden und schnell entwickeln sich auch dann auch individuelle Ansprüche an die Lagergestaltung, die locker bis zur Raumgestaltung gehen können.

Eine Regalwand aus dem Baumarkt

Die Disziplinierten, welche ihre Sammlung „im Zaum“ halten können, sind oft mit einem einfachen Regal zufrieden, was zwar meist nicht sehr flexibel ist, dafür sich aber dann i.d.R. in das entsprechende Mobiliar gut einfügt. Das funktioniert bis 300 Spiele sehr gut, wird aber problematisch, wenn es darum geht weit mehr Spiele entsprechend zu verstauen.  Natürlich kann man weitere einfache Regale hinzunehmen, was aber dann oft nicht mehr den eigenen Vorstellungen entspricht und mit steigender Spielezahl tritt die Optik des Regals in den Hintergrund und der Inhalt des Regals immer mehr in der Vordergrund, d.h. ein flexibles und erweiterbares Regal ist das Rückgrad jeder Spielesammlung.

So wird man schnell bei den Regalsystemen stöbern und schauen was es dort gibt, wie es aussieht und welche Addons (Schubladen, Türen, etc) möglich sind. Es gibt verschiedene Hersteller solcher Regalsysteme, vom Schwedischen Möbelhaus mit 4 Buchstaben bis zu Anbietern, die auf Regalsysteme spezialisiert sind. Was man am Ende für ein Regalsystem wählt, ist eigentlich egal, denn es kommt eh immer das gleiche dabei raus: Eine große „Wand“ voller Spiele. Die Optik des Regals verschwindet fast vollständig hinter den bunten, sauber aufgereihten Spieleschachteln.

Für Musikkassetten gedacht.

Damit hat man die Spiele ab einer Größe von etwa der kleinen Alea-Schachteln (San Juan, Vegas, etc) optisch ansprechend verstaut und wird sich (solange man an Spielen Spaß hat) daran erfreuen. Was jedoch mit den kleineren Spielen? Die fristen oft ein Dasein in Schubladen, Kisten oder werden lieblos in einer Ecke des Regals gestapelt. Auch hier gibt es ansprechende Lösungen in Form von Medienregalen. Regale für MCs, CDs und DVDs sind hervorragende Möglichkeiten um die „Kleinen“ entsprechend zu lagern und äquivalent zu präsentieren. Da die kleinen Spiele entsprechend weniger Platz benötigen, findet sich auch immer ein Platz um entsprechende Regale unter zu bringen. An der Auswahl mangelt es nicht, es gibt eine große Zahl an Herstellern für Medienregale.

DVD Regal exakt angepasst.

Nun, mit dem reinen Regal ist es natürlich nicht getan, denn so ein Regalmonster benötigt entsprechend Platz um aufgebaut zu werden. Da wir unsere Spiele in aller Regel nicht im Vorratskeller verstauen, sondern  vermutlich in Wohnzimmer oder gar eigenen fürs Spielen geschaffene Spielezimmern unterbringen, kommt man fast zwangsläufig an den Punkt, an dem man sich über die Raumgestaltung Gedanken macht, schließlich ist eine +5m  breite Regalwand nicht unbedingt ein Blickfang im positiven Sinne. Und schnell ist man dabei einen ganzen Raum umzugestalten.

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Würfelspass: Kingsburg

Kingsburg 1st Edition (Deutsch)

Die ständige Gier nach Neuheiten lässt einen schnell vergessen, welch‘ schöne Spiele man bereits im Regal hat. Ein geschätzter Freund sagt dazu gerne „Ich hab da eine Theorie: Wir haben so viele gute Spiele, wir brauchen gar keine Neuen!“.

Eins von den „alten, guten“ ist Kingsburg von Andrea Chiarvesio und Luca Iennaco erschienen erstmals 2007 bei Stratelibri und im gleichen Jahr hierzulande bei Truant. Kingsburg vereint die Geradlinigkeit eines Würfel-Einsetzspiels mit einem Aufbau & Entwicklungscharakter in einer Spielzeit von gut einer Stunde. Dabei stehen zwei Aspekte im Vordergrund: Zum Einen das Sammeln von Ressourcen und das Aufbauen der eigenen Siedlung, was sowohl Siegpunkte und/oder auch Fähigkeiten freischaltet, die einem mehr Möglichkeiten im weitern Spiel verschaffen. Der zweite Aspekt ist, dass nach 3 Aktionsrunden die Spieler sich gegen eine Bedrohung erwehren müssen. Schafft man diese, bekommt man eine Belohnung (in Form von Ressourcen oder Siegpunkten), tut man das nicht, bekommt man eine entsprechende Bestrafung. Dabei ist die Bedrohung (Stärke, Belohnung und Strafe) nur wage bekannt und bietet dadurch am Ende einer Runde (nach 3 Aktionensrunden) einen gewissen Spannungsfaktor, da auch die Basisstärke der Dörfer bis dahin nicht bekannt ist.

Das Einsetzen der Würfel ist dabei ausreichend interaktiv, da jeder Spieler seine 3 Würfel versucht so optimiert einzusetzen, ohne dass einem die Mitspieler dazwischen grätschen. 3 Würfel bieten dabei einige Möglichkeiten, aber sind auch so überschaubar, dass man auch die Mitspieler im Blick behalten kann ohne in Analyse-Paralyse zu verfallen. Das gibt dem Spiel eine gewisse Leichtigkeit und hält es im Fluss während es trotzdem genügend Spieltiefe hat um nicht trivial zu wirken.

Um zurück auf die Theorie des Freundes zu kommen: Ja, je länger man vor seinem Spieleregal steht, desto mehr richtig gute Spiele fallen einem wieder ein. Recht hat er, in der Beziehung.  Das ändert aber nix daran, das es eine Art Triebfeder der Spieler ist, neues zu entdecken: Neue Mechanismen, neue Kombinationen bekannter Mechanismen, neue Kniffe, kurzum neue Spiele. Da tut es meisten auch nicht weh, wenn das Spiel nicht die große Offenbarung ist.

Dem Neuen zum trotz ist Kingsburg eine Bank, die man jederzeit aus dem Regal ziehen und sich an dem „Alten und Bekannten“ erfreuen kann und es sich trotzdem mit jeder Partie frisch, ja fast „neu“, anfühlt.

2017 wurde Kingsburg von FFG als 2nd Edition neu aufgelegt und das Spiel enthält 6 Erweiterungsmodule, von denen 5 schon in der Erweiterung Die Erweiterung des Königreiches enthalten waren. Des weiteren wurde das Spielsystem 2014 in Kingssport Festival leicht modifiziert übernommen.

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SdJ im Wandel der Zeiten – Teil 1 [1979] – Hase und Igel

Das Spiel des Jahres hat eine lange Tradition in Deutschland. Lange war es ein Wegweiser im noch lange nicht so unübersichtlichen Spielemarkt.  Jahr für Jahr kommentiere ich die nominierten und prämierten Spiele und auch abseits davon schaue ich was ggf. übersehen wurde, wo die Jury dünnhäutig war, was die größten Böcke sind, und was für obskure Sonderpreise verliehen wurden.

Los geht es im Jahre 1979, in dem der Preis noch in seiner Findungsphase war.  Auf der Homepage vom SdJ wird erstaunlicher Weise eine Empfehlungsliste zu diesem Jahr geführt, dabei gibt es diese erst seit 2004; davor gab es eine Auswahlliste und offenkundig handelt es sich um diese.

Das Spiel des Jahres 1979 wurde Hase und Igel von David Parlett. Ursprünglich aus dem Jahre 1973, aber 1978 von Ravensburger in Deutschland aufgelegt. Hase und Igel ist heute ein Klassiker, der wie eh und je funktioniert. Zum Spiel muss ich kaum etwas schreiben, wer es nicht kennt, sollte das schleunigst nachholen.

Bemerkenswertes findet man jedoch auf der Auswahlliste. Zum Einen wurde ein Schachcomputer gefeiert (Chess Challenger Voice), der rein technisch sicherlich zu dieser Zeit irgendwie interessant war, aber von der Spielstärke kaum einen ambitionierten Schachspieler  beeindrucken konnte. Auch Senso und Merlin fällt in eine ähnliche Kategorie und ist eher als technische Spielereien anzusehen, die nur am Rande etwas mit Brettspielen zu tun haben. Mit Blockade, Shogun, Touché und Twixt sind gleich 4 abstrakte Spiele (von denen 3 Zweipersonenspiele sind) auf der Auswahlliste zu finden. Acquire und Alaska schließen die Liste als mehr oder weniger thematische Spiele ab. Acquire ist bereits im Jahre 1964 erschienen und auch schon 1968 (von 3M und Schmidt) in deutsch aufgelegt worden.

Wie ist das SdJ 1979 nun einzuordnen? – Der Spielemarkt war klein und angesichts der wesentlich kleineren Auswahl, ist es völlig legitim auf ältere Veröffentlichungen zurück zu greifen. Die Dominanz von abstrakten Spielen spiegelt den Spielemarkt zu der Zeit durchaus richtig wieder. Die technischen Spielzeuge haben aus heutiger Sicht nichts auf der Liste zu suchen, fängt aber den Zeitgeist sicher auch korrekt ein. (Fun Fact: Chess Challenger Voice hat 1979 ca. 1000 DM gekostet, ein bemerkenswerter Preis für ein „Spiel“ auf einer SdJ Auswahlliste).

Die Liste zeigt auch, warum es zu dieser Zeit dringend nötig war, eine Auszeichnung für Spiele ins Leben zu rufen. Sicher gab es 1979 bereits einige Titel in Deutschland, aber viele haben bis dahin nur über Fans den Weg in unser Land (und unsere Sprache) gefunden: Junta, UNO, Rummikub, Squad Leader (Vorläufer von ASL), King Maker, Speed Circuit, Stellar Conquest, u.v.m. Spielmechanisch anspruchsvolle Titel sucht man zu dieser Zeit vergeblich auf dem deutschen Markt und das Spiel des Jahres hat ganz sicher einen signifikanten Anteil daran, dass sich das in wenigen Jahren massiv ändern wird.

Ein mehr als solider Grunstein, der hier gelegt wurde, um der doch massiv unterentwickelten Brettspielkultur in Deutschland  unter die Arme zu greifen. Etwas eingebremst durch die noch geringe Auswahl an Spielen, aber die „Botschaft“ ist angekommen. Sowohl bei den Spielern wie auch bei den Verlagen, was wir schon ein Jahr später in den ersten Ansätzen erkennen werden.

Einen Sonderpreis „schönes Spiel“ für Seti von Andreas Steiner und Hartmut Witt ist in so fern bemerkenswert, dass das Spiel heute kaum noch jemand kennt. Kaum verwunderlich, ist es eher trivial und hat spielerisch kaum einen Reiz. Spiele aus Holz waren auch 1979 schon „im Trend“ und 1979 brauchte es wohl auch noch nicht mehr.

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